„Low-Carb“ oder „No-Carb“?

„Low-Carb“ oder „No-Carb“?

Low-Carb oder No-Carb – wenig Kohlenhydrate oder überhaupt keine Kohlenhydrate? Und wenn wenig, wie wenig ist denn wenig? Und überhaupt keine Kohlenhydrate – geht das überhaupt? Ist das nicht ungesund bis sogar gefährlich? Ganz zu schweigen von schwierig bis unmöglich umsetzbar?

Fragen über Fragen, die verwirren und mit denen man sich häufig sehr allein gelassen fühlt.

Seit einigen Jahren sind sogenannte „Low-Carb“ Diäten zunehmend in Mode gekommen, gewissermaßen als abgeschwächte Variante der Atkins’schen „No-Carb“ Diät.

Zumeist verfolgen solche Diäten natürlich in erster Linie die Absicht, Menschen zum Verlust überschüssiger Pfunde zu verhelfen.

Doch mittlerweile ist der grundsätzliche gesundheitliche Aspekt einer Ernährungsweise, die den Verzehr von Kohlenhydraten einschränkt, immer mehr in den Vordergrund gerückt.

Es ist längst bekannt, daß eine vorwiegend kohlenhydratbetonte Ernährung, sofern sie nicht mit vermehrter sportlicher Aktivität einhergeht, nicht nur für Übergewicht, sondern auch für einen großen Teil sogenannter Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, rheumatische Erkrankungen, Allergien und auch Krebs verantwortlich ist.

Hier ist nicht die Rede von einer Ernährung, die vorwiegend aus Obst, Gemüse und Vollkornprodukten besteht, wenig Zucker und Weißmehl enthält und bei der die tägliche Energiebilanz stimmt. Bei der also die Kalorienzufuhr den Verbrauch nicht übersteigt und keine Kohlenhydrate aufgenommen werden, die zu starkem Blutzuckeranstieg und damit zu hoher Insulinausschüttung führen.

Genau dies sind nämlich die beiden Probleme unserer modernen kohlenhydratlastigen Ernährung: Da wir vorwiegend Kohlenhydrate zu uns nehmen, die zu einem raschen Blutzuckeranstieg führen (Weißbrot, Pizza, Pasta, Reis, Croissants, Kekse, Kuchen, Schokolade, gesüßte Getränke, Marmelade, Honig …) und somit eine hohe Insulinausschüttung provozieren, befinden wir uns in einem gefährlichen Kreislauf.

Einfache, leicht verwertbare Kohlenhydrate aus Zucker und Weißmehl werden bei hohem Insulinspiegel schnell verarbeitet, was zu einem raschen Abfall des Blutzuckerspiegels führt – und damit erneut zu Hunger, der wiederum mit schnell verwertbaren Kohlenhydraten gestillt wird, womit der Kreislauf wieder von vorn beginnt.

Insulin ist ein „Hungerhormon“.

Schwimmt es mangels Zucker beschäftigungslos in unserem Blut herum, macht es uns hungrig und steigert insbesondere den Appetit auf Süßes oder auf andere schnell verfügbare Kohlenhydrate wie Pasta, Pizza oder ein Brötchen. Niedriger Blutzucker und erhöhtes Insulin? Das ist der Grund, wenn plötzlich roter Alarm herrscht und wir einen Schokoriegel brauchen, und zwar JETZT!

Der Hunger, den wir hierbei bekommen, bedeutet nicht, daß unser Körper tatsächlich Betriebsenergie benötigt. Er bedeutet lediglich, daß wir einen Überschuß an Insulin haben, der durch Zuckerzufuhr ausgeglichen werden muß.

Da wir uns auf diese Weise mehr Energie in Form von Zucker zuführen, als wir tatsächlich benötigen, und der Körper nur eine sehr begrenzte Möglichkeit hat, Kohlenhydrate zu speichern (nämlich als Glykogen in unseren Muskeln und in der Leber), baut er den überschüssigen Zucker in eine für ihn unbegrenzt speicherbare Form um: in Fett.

Wir benötigen eine gewisse Menge an Körperfett, um unsere Organe zu schützen; Frauen benötigen von Natur aus mehr Fett als Männer, zum einen, um ein paar Reserven zu haben, wenn ein Kind gestillt werden muß, zum anderen, um eine ausreichende Hormonproduktion zu gewährleisten. Frauen mit zu wenig Körperfett weisen häufig einen Mangel an weiblichen Sexualhormonen auf, was zu vermehrten Menstruationsbeschwerden, aber auch zu ausgeprägteren Wechseljahrsbeschwerden führen kann.

Zu viel Körperfett hingegen kann zu einem Überschuß an Östrogenen führen, was das Risiko für Brust-, Eierstock- und Gebärmutterkrebs erhöht. Übergewicht ist erwiesenermaßen der Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Brustkrebs.

Das „Gemeine“ an Körperfett ist, daß man auch dann zu viel davon haben kann, wenn man normalgewichtig ist und gar nicht „fett“ aussieht.

Fett ist leichter als Muskelmasse, weshalb ein Mensch mit zu hohem Körperfettanteil im Verhältnis zum Anteil an Muskelmasse durchaus normalgewichtig sein kann. Besonders bei Frauen – sogar bei eher untergewichtigen Frauen – ist dies häufig der Fall.

Warum?

Gerade Frauen ernähren sich oft eher kohlenhydratlastig, weil sie entweder weniger gern ein Steak essen als Männer, oder weil sie Angst davor haben, von Fleisch, Fisch, Käse und Eiern dick zu werden. Zudem essen die meisten Frauen ausgesprochen gern Süßes und neigen im Zweifel dazu, ihr Naschen aus Angst vor Gewichtszunahme auszugleichen, indem sie andere Nahrungsmittel einfach weglassen.

Dann stimmt zwar häufig die Kalorienbilanz, doch sofern diese Frauen nicht gleichzeitig viel Sport treiben, befinden sie sich im ständigen Auf und Ab des Blutzuckerspiegels und kämpfen aufgrund eines dauerhaft hohen Insulinspiegels mit regelmäßigen Heißhungerattacken.

Die vielen Kohlenhydrate, die nicht alle so schnell verbrannt werden können, werden in Fett umgewandelt, während mangels ausreichender Eiweißzufuhr und ausreichend Bewegung die Muskeln nicht nur nicht anwachsen, sondern auch kontinuierlich schrumpfen.

Dies führt dazu, daß Frauen bei normalem oder niedrigem Gewicht und schlanker oder sogar sehr schlanker Figur häufig viel zu wenig Muskelmasse, dafür jedoch zu viel Fett besitzen, was sich negativ auf die Gesundheit auswirkt.

Um unserem modernen Kohlenhydrat-Dilemma beizukommen, zieht man seit einiger Zeit gern die sogenannte „Paleo-Diät“ heran, also eine Ernährungsweise, wie sie unsere steinzeitlichen Vorfahren vor Beginn des Ackerbaus pflegten.

Dies wirft natürlich die Frage auf, wie man angesichts des deutlichen Mangels an historischen und archäologischen Zeugnissen aus jener Zeit genau rekonstruieren will, was unsere Vorfahren tatsächlich gegessen haben.

Klar ist immerhin, was sie nicht gegessen haben: Weißmehl, Kristallzucker, Pommes, Ketchup, Mayo und Currywurst. Tütensuppen, Gummibärchen und Schokolade auch nicht.

Betrachtet man die noch verbliebenen wenigen Naturvölker unserer Zeit, macht man die äußerst ernüchternde Feststellung, daß auch diese uns nicht den Gefallen tun, uns ganz exakt vorzuleben, wie viel Prozent Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette wir nun essen sollten, um wie sie frei von Zivilisationskrankheiten und somit auch Krebs zu bleiben.

Je nach geographischen Gegebenheiten variiert der Anteil an pflanzlicher und tierischer Nahrung ebenso wie die Menge an aufgenommenen Kohlenhydraten und Fetten erheblich.

Was sie alle jedoch gemeinsam haben, ist, daß sie sich körperlich viel bewegen, daß ihre Nahrung nicht industriell verarbeitet ist und also weder Weißmehl noch Zucker noch degenerierte Fette enthält, dafür jedoch große Mengen an essentiellen Fetten, essentiellen Aminosäuren, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, und daß sie ihre Brennenergie auch nicht vorwiegend aus magerem Eiweiß beziehen, sondern entweder aus komplexen Kohlenhydraten oder Fett.

Anders gesagt, die natürlich Ernährung des Menschen ist grundsätzlich eine Ernährung, die den Blutzuckerspiegel relativ konstant hält und keine hohen Insulinausschüttungen provoziert, die ihn mit allen essentiellen Nährstoffen versorgt und die möglichst frei ist von Schadstoffen, chemischen Zusatzstoffen und industriell veränderten Lebensmitteln.

Für diese Ernährung benötigt man keine „Paleo-Diät“, denn auch in den nachsteinzeitlichen Kulturen finden sich Ernährungsweisen, die hohes Alter bei guter Gesundheit ermöglichen: Die originale mediterrane Ernährung, wie sie etwa auf der griechischen Insel Kreta üblich ist, oder die traditionellen asiatischen Ernährungsgewohnheiten, wie etwa auf der japanischen Insel Okinawa.

Faßt man nun all diese Erkenntnisse zusammen, besteht eine moderne „Low-Carb“ Ernährung aus 20-30 Energieprozent Kohlenhydraten, 40-50 Energieprozent Fett und 20-30 Energieprozent Eiweiß.

Hierbei handelt es sich bei den Kohlenhydraten um komplexe Kohlenhydrate, und zwar in erster Linie um Obst und Gemüse.

Im Gegensatz zur früheren Ernährungspyramide, die eine breite Basis aus Brot, Kartoffeln, Reis und Pasta vorsah, sieht die Ernährungspyramide einer Low-Carb-Ernährung so aus:

Basis: Gemüse, Obst, Öl

Mäßig, aber regelmäßig und ausreichend: Eiweiße in Form von Fleisch, Fisch, Eiern, Hülsenfrüchten, Tofu und, wenn man sie verzehrt, Milchprodukten (dazu mehr in einem gesonderten Kapitel).

Wenig: Vollkornprodukte

Ganz wenig: Zucker und Süßigkeiten

Zucker ist ein Gewürz, kein Grundnahrungsmittel, und sollte, wenn überhaupt, auch wie ein Gewürz verwendet werden! Zu Zucker zählt neben weißem Kristallzucker auch Brauner Zucker, Roh-Rohrzucker, Palmzucker, Kokosblütenzucker, Honig, Agavensirup, Zuckerrohr-Melasse, Rübenkraut und Ahornsirup.

Der große Vorteil dieser Ernährung, die keine Blutzuckerspitzen hervorruft und damit auch die Insulinausschüttung mäßig hält, ist, daß sie wesentlich besser sättigt als eine Ernährung, die vor allem aus vermeintlichen „Sattmachern“ wie Brot, Kartoffeln, Reis und Pasta besteht.

Diese Form der Ernährung ist auch im Alltag relativ leicht umzusetzen, zumal sie die erfreuliche Eigenschaft hat, Süßgelüste und Heißhungerattacken zu verhindern.

Alles in allem zeigen alle bisherigen Beobachtungen, daß eine solche Ernährungsweise, die den Blutzuckerspiegel konstant hält, den Körper nicht mit zu viel unverbranntem Zucker überschwemmt und statt dessen mit wertvollen Fetten, Eiweißen und Vitalstoffen versorgt, auf der Ernährungsseite die ideale Krebsprävention darstellt.

Wie die konkrete Umsetzung einer solchen Low-Carb-Ernährung im Alltag aussehen kann, wird in einem gesonderten Kapitel gezeigt werden.

Was hat es nun mit einer No-Carb-Ernährung auf sich?

Spätestens seit der Entdeckung des TKTL-1 Gens durch Dr. Johannes Coy gewinnt eine Diät, die fast vollständig auf Kohlenhydrate verzichtet, zunehmend an Popularität.

Hierzu sind zwei Punkte von Bedeutung:

1.) Der Stoffwechsel von Krebszellen ist fast immer ein Vergärungsstoffwechsel, der von einer konstanten, hohen Glucosezufuhr abhängig ist.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, daß wir Krebszellen füttern und ihr Überleben und Wachstum fördern, wenn wir Kohlenhydrate zu uns nehmen.

(siehe: Stoffwechsel der Krebszelle)

Demnach sollte eine sinnvolle Anti-Krebs-Diät dem Körper alles zuführen, was er im Kampf gegen Krebs benötigt, und den Krebszellen gleicheitig das entziehen, was ihr Überleben sichert, nämlich Zucker.

(siehe: Krebszellen die Energie entziehen und gesunde Zellen stärken)

2.) Bei sogenannter Tumorkachexie ist eine kohlenhydratreiche Ernährung wirkungslos.

Ist es bereits zu extremer Abmagerung gekommen, kann dies am besten durch eine fett- und proteinreiche Ernährung aufgefangen werden, wie mittlerweile auch die DGE einräumt. Beobachtungen haben ergeben, daß dadurch sogar verlorene Muskelmasse wieder aufgebaut werden kann, was mit kohlenhydratreicher Nahrung nicht gelingt.

Wie bereits in den oben genannten Kapiteln dargelegt, ist weder eine Low-Carb-Ernährung zur Prävention noch eine No-Carb-Diät bei bereits vorliegender Krebserkrankung gefährlich oder schädlich, wenn man sie aus den richtigen Zutaten zusammensetzt.

Die No-Carb-Ernährung hat das Ziel, den Körper in eine sogenannte Ketose zu bringen. Das bedeutet, man entzieht ihm wirklich allen Zucker und zwingt ihn, sich aus Fett sogenannte Ketonkörper zu basteln, die anstelle von Glucose verbrannt werden können.

Ob der Organismus auf Ketose umgeschaltet hat, kann man mit frei verkäuflichen Teststreifen im Urin messen.

Der deutliche Vorteil hier ist, daß man den Krebszellen wirklich jeglichen Zucker entzieht. Mit Ketonkörpern können sie nämlich nichts anfangen, die können nur verbrannt, aber nicht vergoren werden.

Mit einer ketonischen Diät ist man also, wenn man Krebszellen den Versorgungshahn zudrehen will, immer auf der richtigen Seite.

Der einfachste Weg, diese Stoffwechsellage zu erreichen ist, pro Tag nicht mehr als 1 g Kohlenhydrate je Kilogramm Körpergewicht zu sich zu nehmen.

Bei einem Körpergewicht von 60 Kilogramm also 60 g.

Das ist die Menge an Zucker, die von Gehirn und Nervenzellen benötigt wird, die keine Ketonkörper verwerten können sondern auf Glucose angewiesen sind.

Theoretisch könnte der Körper diese Menge an Glucose auch aus Eiweiß selbst herstellen, doch in einer sinnvollen Anti-Krebsdiät, die ja viel Gemüse und auch Obst enthalten sollte, ist es besser, diese Zuckermenge durch Gemüse und Obst aufzunehmen, statt komplett darauf zu verzichten.

Dies klingt äußerst radikal, schwierig umzusetzen und auch ziemlich genußfrei.

Nicht das, was man eigentlich dringend möchte, wenn man ohnehin krank ist und zusätzlichen Aufwand scheut.

Doch so groß, wie man zunächst denken mag, ist der Aufwand nicht, sondern es ist vor allem die gedankliche Hürde, die man nehmen muß: Wie, kein Brötchen oder Müsli mehr zum Frühstück?? Kein Kuchen?? Keine Pizza? Keine Pasta??

Und ich bin Vegetarier oder Veganer – ich stopfe mich doch nicht mit Fleisch, Fisch und Eiern voll!!

Denkfehler. Wie gesagt, gedankliche Hürde.

Man muß auf keinen Genuß verzichten, sondern nur die Zutaten austauschen.

Das erfordert ein wenig Gewöhnung, aber es ist nicht aufwendiger und macht nicht mehr Arbeit, als wenn man mit herkömmlichen Zutaten frisch kocht.

Und der Gewinn ist enorm, denn abgesehen davon, daß man auf diese Weise aktiv etwas gegen den Krebs tun kann, tut man auch etwas für sein seelisches Befinden.

Zuckerentzug hellt nämlich die Stimmung auf.

Ungeachtet dessen, daß man dazu neigt, sich mit Zucker trösten zu wollen, ist gerade hoher Zuckerkonsum mit den damit einhergehenden Blutzuckerschwankungen dafür verantwortlich, daß man sich energiearm und lustlos fühlt.

Sobald der Organismus sich auf zuckerfreies Essen umgestellt hat, steigt nicht nur die Energie, sondern auch die Laune.

Und, um diesem Gedanken sofort jeden Schrecken zu nehmen: Zuckerfrei zu essen bedeutet nicht, daß man nie wieder etwas Süßes zu sich nehmen darf! Man muß es nur eben auf eine Weise tun, die weder die krebszellen füttert noch den Insulinspiegel anhebt.

Zusammenfassend kann man nun sagen, daß für die Krebsprävention eine kohlenhydratarme „Low-Carb“ Ernährung ideal ist, da sie nicht nur Krebs vorbeugt, sondern auch Übergewicht und zahllosen anderen Zivilisationskrankheiten. Zudem ist sie mit etwas Übung leicht umsetzbar, schmeckt gut und macht gute Laune.

Für die Krebsbehandlung hingegen ist eine radikalere „No-Carb“ Diät geeigneter. Auch diese ist prinzipiell als lebenslange Ernährung möglich, zur Prävention jedoch nicht zwingend notwendig.

Fortsezung folgt mit der praktischen Umsetzung einer No-Carb-Diät bei Krebserkrankungen

 Heilung und Prävention aller Krebsarten. Dr. H. Clark. 782 S. >

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