Magen, Darm und Darmflora Teil 2

 

Magen, Darm und Darmflora Teil 2: Was warum schief gehen kann, welche Folgen dies hat und was man tun kann

Wie der vorherige Beitrag gezeigt hat, ist unser Verdauungssystem ebenso komplex und störanfällig wie es wichtig ist.

Das Warum liegt also auf der Hand – komplexes Räderwerk aus endlos vielen physikalischen, chemischen und biochemischen Rädchen. Im Ein-Mann-Betrieb gibt es nur zwei Möglichkeiten: Tut oder tut nicht.

Bei 1000 Mitarbeitern hingegen gibt es endlos viele Möglichkeiten, was warum nicht tut und warum einer verschläft, keine Lust hat, Mist baut oder aus sonst einem Grund den Betrieb aufhält.

Wenn Sie bisher dachten, daß Sie ein Ein-Mann- oder Ein-Frau-Betrieb sind, haben Sie sich gewaltig geirrt. Sie haben weit mehr Mitarbeiter als das Display Ihres Taschenrechners Stellen hat. Und die meisten kennen Sie nicht einmal mit Namen. Ein Teil davon hat vermutlich noch nicht einmal einen Namen und wurde noch nie von irgendjemandem angetroffen.

Das beweist die erst jüngst entdeckte Magenflora, die man bis dahin für gar nicht möglich hielt.

In der Natur läuft im Grunde alles zyklisch ab, also in Kreisläufen. Und so verhält es sich auch mit den Abläufen in unserem Organismus, weshalb immer wieder Ereignisse sich gegenseitig bedingen und es manchmal schwierig ist zu sagen, was nun die Henne ist und was das Ei. Funktioniert etwas nicht, weil etwas anderes beschädigt wurde, oder ist das andere beschädigt, weil das erste nicht funktioniert?

Beginnen wir einfach am Anfang: Zu allererst sind da die genetischen Anlagen des entstehenden Menschen. Samen trifft Eizelle, der Urknall tritt ein, und die allerersten Anlagen sind gelegt.

An denen kann das heranwachsende Baby zunächst einmal nicht rütteln, es muß wachsen, wie das Programm es vorgibt. Das ursprüngliche Programm ist perfekt. Da es aber schon so lange im Umlauf ist, haben sich durch alle Einflüsse, denen der Mensch seit seiner Entstehung ausgesetzt ist, hier und da Fehler eingeschlichen oder Unterprogramme gebildet – oder Teile wurden irgendwie einfach umgeändert, so daß es mehrere Varianten gibt (deswegen sind wir nicht alle dunkelhäutig, obwohl die Wiege der Menschheit sich in Afrika befindet. Aber das ist sehr lange her.).

Hier ist die erste potentielle Fehlerquelle: Wir könnten beispielsweise einen genetischen Defekt aufweisen, der bewirkt, daß unser Organismus zu viele Stoffe bildet, die die Darmflora ungünstig beeinflussen, so daß unabhängig davon, wie wir leben und was wir zu uns nehmen, keine gesunde Darmflora eine Chance hat, bei uns Fuß zu fassen.

Das merkt man häufig erst, wenn man beispielsweise an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn erkrankt ist.

Angenommen, so etwas liegt nicht vor, dann kommen wir zunächst einmal mit einer Baby-Darmflora zur Welt, die vorwiegend aus Bifidobakterien besteht.

Es kann aber auch das Unglück passieren, daß unsere Mutter sich mies ernährt hat, daß sie zu viele Antibiotika genommen und ihre eigene Darmflora ruiniert hat, daß sie Schwermetallbelastungen im Körper hat, daß sie Parasiten beherbergt … all das kann dazu führen, daß wir bereits als Babies mit einer gestörten Darmflora zur Welt kommen.

Man könnte das einen klassischen Fehlstart nennen, denn wenn es dumm läuft und wir wirklich mit einer gestörten Baby-Flora das Licht der Welt erblicken, kann das nächste Unglück folgen, daß wir keine Lactase produzieren, weswegen wir nicht fähig sind, den Milchzucker in der Muttermilch zu verdauen.

Das kann dann zu Milchschorf führen, zu viel Geschrei wegen Magen-Darm-Problemen, zu Neurodermitis, zu Mangelerscheinungen, weil wegen der Magen-Darmstörungen kein Nährstoff so recht gut aufgenommen werden kann …

Und natürlich wird auch kein Immunsystem ausgebildet, wenn die Darmflora von vornherein nicht richtig aufgebaut wird.

Dann folgen vermutlich viele Infekte, die mit vielen Antibiotika behandelt werden, die der eventuell vorhandenen spärlichen Darmflora den Rest geben.

Damit sind Pilzen wie Candida albicans Tür und Tor geöffnet, die sich mit Begeisterung im ansonsten weitgehend entvölkerten Darm niederlassen und vermehren wie die Kaninchen. Das Kind hat dann Blähungen, will ständig Süßes und benimmt sich andauernd daneben, weil die Blähungen ja irgendwohin müssen.

Falls Sie jetzt denken Ach du grüne Neune, kann ich Ihnen nur beipflichten – und dazu sagen, daß dies leider eine Karriere ist, die zunehmend mehr Kinder durchlaufen.

Doch zurück zu unserem Kreislauf, der Henne und dem Ei.

Liegen keine Störquellen irgendwelcher Art vor, entwickelt das Baby zunächst durch die Muttermilch und später durch die Zufütterung eine komplexere Darmflora und bildet sein Immunsystem aus. Und zwar ein normales Immunsystem, das feindliche Eindringlinge von harmlosen unterscheiden kann und angemessen reagiert. Sprich, die Darmschleimhaut ist normal aufgebaut und entschärft Nahrungsproteine, die als Allergene wirken könnten, und die Darmkeime geben pflichtschuldig ihre Impulse an den Rest des Immunsystems, wenn Krankheitskeime ihre Nase ins System stecken.

Das Kind, wenn es sich weiterhin vernünftig ernährt und auch sonst nichts dazwischenkommt, entwickelt sich und sein Immunsystem in der ursprünglich vorgesehenen Weise. Wenn es weder zu viel Zucker, noch zu viel rotes Fleisch noch zu viele Transfette zu sich nimmt, sondern eine ausgewogene Mischung aus Pflanzenfasern, gesunden Fetten und gesunden Eiweißen, wenn es nicht mit zu vielen Umweltgiften in Berührung kommt, wenn es draußen herumtobt und regelmäßig hübsch dreckig wird, keine exotischen Krankheitserreger oder Parasiten einfängt, wenn es keinen Unfall erleidet oder sonst etwas geschieht, das seine Gesundheit drastisch schädigen könnte, dürfte es zu einem ziemlich gesunden Erwachsenen heranwachsen.

Abgesehen von genetischen Defekten oder einer schlecht ernährten oder vergifteten Mutter kann allerdings auch noch anderes schief gehen.

Es kann der ungünstige Fall eintreten, daß der Säugling aus irgendeinem Grund nicht gestillt werden kann.

In diesem Fall muß auf künstliche Babynahrung zurückgegriffen werden.

„Künstlich“ sage ich deshalb, weil moderne Babynahrung ein im Reagenzglas hergestelltes Produkt ist, das hinsichtlich seiner einzelnen Bausteine möglichst nahe an die Zusammensetzung der Muttermilch herankommen soll.

Hinsichtlich der Nährstoffe – Eiweiß, Milchzucker, Fett, Mineralstoffe und Vitamine – mag dies einigermaßen funktionieren, und es ist gewiß besser, als wenn das Baby verhungert und auch besser, als wenn das Baby Kuhmilch bekommt, weil Kuhmilch nun einmal auf die Bedürfnisse eines Kälbchens zugeschnitten ist, nicht die eines menschlichen Säuglings, und weil der menschliche Säugling aufgrund seines noch nicht ausgebildeten Immunsystems mit den körpereigenen Stoffen eines fremden Lebewesens nicht zurecht käme.

Und das ist genau das, was künstlich hergestellter Babynahrung fehlt: Der menschliche Faktor, sozusagen – die körpereigenen Stoffe der Mutter, die das Kind ja aufgrund der genetischen Verwandtschaft mit ihr gemeinsam hat, und die dafür sorgen, daß sich eine gesunde Darmflora und ein gesundes Immunsystem entwickeln.

Dies sind, abgesehen vom Mikrobiom, also der individuellen Keimbesiedlung der Muttermilch, sogenannte Immunglobuline (Antikörper), abwehrfördernde Enzyme wie Lysozym sowie bestimmte fettspaltende Enzyme, die bei der Fettverdauung helfen.

Besonders wichtig ist das sogenannte Kolostrum, die erste Muttermilch nach der Geburt, die einen besonders hohen Anteil an Immunglobulinen aufweist – was ja sinnvoll ist, damit das Kind möglichst schnell für ein Leben außerhalb des vor äußeren pathogenen Keimen schützenden Mutterleibs gerüstet ist.

Es gilt inzwischen als erwiesen, daß nicht gestillte Kinder ein erhöhtes Risiko haben, später im Leben Allergien zu entwickeln, Neurodermitis, Nahrungsmittel-Intoleranzen, Diabetes, Multiple Sklerose, Herzerkrankungen und Krebs zu bekommen. Auch die Immunabwehr nicht gestillter Kinder ist häufig schlechter als die gestillter Kinder.

Dies muß nicht so sein – es ist durchaus möglich, daß nicht gestillte Kinder unter günstigen Bedingungen, also bei vernünftiger Ernährung und ausreichend Bewegung im Freien, eine ebenso gesunde Darmflora und ein ebenso gesundes Immunsystem entwickeln wie gestillte Kinder. Das Risiko, daß dies nicht so ist, ist jedoch höher.

Aber natürlich kann auch ein normal gestilltes Kind bereits als sehr kleiner Säugling beispielsweise häufig an Ohrenentzündungen erkranken.

Häufige Gabe von Antibiotika bereits in der frühen Kindheit, wenn die Darmflora noch im Aufbau begriffen ist, kann dazu führen, daß sich von vorn herein eine falsche Flora ansiedelt.

Wenn ein ansonsten gesunder Erwachsener, der eine normale, gesunde Darmflora hat, einmalig ein Antibiotikum einnimmt, muß dadurch nicht zwangsläufig ein bleibender Schaden entstehen.

Die normale, gesunde Darmflora ist darauf ausgerichtet und dazu fähig, sich zu regenerieren und von selbst wieder zu regulieren – vorausgesetzt, es wird nicht durch eine falsche Ernährung die Ansiedlung einer falschen Flora unterstützt.

Doch bleiben wir bei der kindlichen Darmflora.

Deren Entwicklung steht und fällt mit der Ernährung des Kindes. Bei einer heute üblichen Ernährung mit viel Zucker, minderwertigen Fetten, wenig Gemüse, Ballaststoffen und guten Eiweißen, entwickelt sich eine verhältnismäßig dürftige Darmflora, verglichen mit der von Kindern aus Ländern, in denen wenig industriell verarbeitete Nahrung und kaum Zucker konsumiert werden. In diesem Fall hilft auch das Stillen nur noch bedingt, wenn die Beikost bereits aus stark zuckerhaltigen Produkten besteht. Zucker ist Zucker – ein spezieller super-gesunder Knabberriegel für Kinder, der „nur Süße aus Früchten“ enthält, weist pro 100g stolze 39g Zucker auf. Ein Riegel, der zu mehr als einem Drittel aus reinem Zucker besteht. Sogar die Butterkekse der gleichen Firma enthalten weniger reinen Zucker. Gelobt sei mein Opa, der sich noch die Mühe gemacht hat, mir ein Äpfelchen klein zu schneiden, statt mich mit solchem Zeug zu vergiften …

Dies sind also die Grundsteine, mit denen unser Immunsystem aufgebaut wird. Oder eben auch nicht.

Entwickeln Kinder von Anfang an keine besonders gute Darmflora, kann sich das im Laufe der Zeit in Form von Nahrungsmittel-Intoleranzen niederschlagen. Es müssen nicht notwendigerweise Allergien sein – und das ist häufig sogar das Tückische. „Echte“ Allergien werden durch Tests herausgefunden, wodurch die Sachlage klar ist. Intoleranzen jedoch sind häufig keineswegs durch Tests zu ermitteln, was für viele Menschen einen langen Leidensweg bedeutet. Und hier ist wieder die Sache mit der Henne und dem Ei – manchmal ist nicht wirklich zu sagen, ob nun zuerst die Intoleranz da war, aus welchem Grund auch immer, und daraufhin die Darmflora sich schlecht entwickelt hat, oder ob zuerst eine verschobene Darmflora da war, die zu Intoleranzen geführt hat, die wiederum die Darmflora noch mehr geschädigt haben, was wiederum das Immunsystem schwächt beziehungsweise so irritiert, daß es sich gegen den Körper selbst richtet.

Wie auch immer der Hergang ist, sobald die Darmflora verschoben ist, zieht dies früher oder später Konsequenzen nach sich.

Da eine funktionierende Darmflora wichtig für die Resorption ist, kann es bei einer Verschiebung beispielsweise irgendwann dazu kommen, daß bestimmte B-Vitamine nicht mehr richtig aufgenommen werden. Vitamin B6 etwa (Pyridoxin) ist für die Bildung von Magensäure wichtig – bei einer Histaminintoleranz kann es zu einem Mangel an Vitamin B6 kommen, was wiederum einen Mangel an Magensäure zur Folge haben kann, aufgrund dessen Eiweiße nicht mehr gut verwertet werden. Das wiederum kann zum einen zur Mangelversorgung mit Eiweißen führen, die das Immunsystem weiter schwächt, beziehungsweise es kann durch zu viele unverdaute Eiweiße im Darm zu weiteren Unverträglichkeitsreaktionen kommen, die die Darmflora und -schleimhaut noch weiter schädigen.

Dies soll nur ein Beispiel für eine der Spiralen sein, die durch die schlechte Verwertung von Nahrung infolge einer verschobenen beziehungsweise insuffizienten Darmflora zustande kommen können. Ein Schaden zieht weitere Fehlfunktionen nach sich, bis es schließlich zu ernsten Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen oder gar Krebs kommen kann.

Hiermit soll natürlich nun weder Paranoia noch Panik geschürt werden; im Gegenteil: Es soll eine Hilfestellung sein, zu einer besseren Gesundheit zu finden beziehungsweise sinnvolle Prävention zu betreiben.

Natürlich gibt es spezifische Krebsarten, insbesondere das Coloncarcinom, die mit einer Fehlbesiedlung des Darms assoziiert werden.

Wie jedoch gezeigt wurde, hängt die gesamte Funktion des Immunsystems wesentlich von einer intakten Darmflora ab, so daß letztendlich bei allen Erkrankungen ein Blick auf das Verdauungssystem geworfen werden sollte.

Wenn Sie also bereits an irgendeiner Erkrankung leiden, seien es Allergien, Autoimmunerkrankungen, Krebs, oder auch nur einfach häufige Infekte, schenken Sie Ihrem Darm Ihre Aufmerksamkeit – Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken.

Eines der offensichtlichsten Probleme ist eine Besiedlung des Darmes mit dem Hefepilz Candida albicans.

Auch wenn es sich um einen Hefepilz handelt, hat dieser nichts mit der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae zu tun, außer, daß es sich bei beiden um Vertreter der großen Ordnung der Hefen handelt. Auch wenn dies bisweilen fälschlich behauptet wird: Der Verzehr von Bäckerhefe hat nichts mit der Entstehung einer Candidose im Darm zu tun. Wenn, dann hat das Brot etwas damit zu tun – und zwar der Mehlanteil, nicht der Hefeanteil. Es sei denn natürlich, jemand ist gegen Bäckerhefe allergisch beziehungsweise hat eine Intoleranz gegen diese, doch in der Regel sind das Problem bei einer Candidose Zucker und andere Kohlenhydrate, nicht andere Arten von Hefen.

Es ist bisher strittig, ob ein gewisser kleiner Anteil an Candida albicans im Darm, der keinerlei Symptome verursacht, problematisch ist oder nicht. Hochrechnungen zufolge haben ca. 75% der Bundesbürger Candida albicans im Darm.

Da es sich um einen Pilz handelt, der in der Natur sehr häufig vorkommt – auf unserer Haut, aber beispielsweise auch auf Obst – ist davon auszugehen, daß eine intakte Darmflora daran gewöhnt ist, ab und zu Besuch von diesem Mikroorganismus zu bekommen und damit auch fertig zu werden, ohne daß der Besuch gleich zum Eroberer wird.

Da aber unsere Ernährung äußerst zuckerlastig und die Darmflora der meisten Menschen dementsprechend zusammengesetzt ist, dürfte die Wahrscheinlichkeit groß sein, daß der gelegentliche Besuch eines Candida albicans sich doch recht häufig eher in eine Hausbesetzung verwandelt.

Candida albicans lebt nämlich von Zucker, und daher hat er es in unserer Kultur ziemlich nett.

Nehmen wir hinzu, daß die meisten Menschen auch mehr oder weniger regelmäßig Antibiotika nehmen, also eine Bombe in die Darmflora werfen und einen großen Teil der Nützlinge im Darm vernichten, verbessern sich die Chancen für den Candida noch weiter.

Also – regelmäßig platt gemachte Darmflora, hoher Zuckerkonsum – Paradies für Candida albicans.

Die Symptome reichen von (scheinbar) gar keinen bis zu den offensichtlichsten, nämlich Blähungen und Süßhunger.

Da der Pilz leben will, meldet er unablässig: Ich will Futter, gib mir Zucker!

Den verstoffwechselt er, wobei Gase entstehen, die wir irgendwie entsorgen müssen, und Abfallprodukte, sogenannte Mykotoxine, die ins Blut gelangen und dann im Körper herumkreisen und alle möglichen seltsamen Symptome zusätzlich zu den Blähungen verursachen: Müdigkeit, „Nebel“ im Kopf, Gelenkschmerzen, Übelkeit, neurologische Ausfälle.

Unsägliche Symptome, die den Patienten quälen, den Arzt verwirren und schließlich zum Psychiater führen, der aber auch nicht helfen kann. Aber immerhin hat er vielleicht Verständnis für die pestilenzartigen Blähungen, die das gesellschaftliche Leben ansonsten zum Spießrutenlauf machen …

Dabei ist die Lösung so einfach: Ein Antimykotikum nehmen, um den Candida ins Jenseits zu befördern, den Zucker- und Weißmehlkonsum einstellen und danach die Darmflora wieder aufforsten.

Soweit, so gut.

Ich hab’s ausprobiert – mehrmals. Und mich gewundert, wieso zum Dingerdonner dieser blöde Pilz zurückkam wie ein falscher Fuffziger, obwohl ich weder Zucker noch Weißmehl esse. Ich hatte auch keinen Süßhunger, sondern war einfach nur andauernd unterzuckert, müde, schlapp.

Bis ein genialer Mensch darauf kam, daß ich eine Glutenintoleranz habe und durch meinen fleißigen Verzehr von glutenhaltigem Vollkornbrot keiner normalen Darmflora eine Chance gebe, bei mir heimisch zu werden.

Also: Sollten Sie feststellen, daß Sie eine Candidose haben, stellen Sie, bevor Sie beginnen, den Pilz zu bekämpfen und die Darmflora aufzuforsten, unbedingt fest, ob Sie irgendwelche Intoleranzen haben. Und lassen Sie dann nicht nur Zucker und Weißmehl weg, sondern auch alles, was Sie sonst nicht vertragen.

Sollten Sie nun festgestellt haben, daß Sie tatsächlich eine Candidose haben und sagen, okay, ich seh’s ein, ich muß etwas tun – aber Vergiften kommt nicht in die Tüte! Ich mach’s mit Diät, Homöopathie und Mentalkraft.

Vergessen Sie es.

Was Sie können, kann der Candida auch: Seine Ernährung umstellen. Entziehen Sie ihm den Zucker, wendet er sich Eiweißen zu. Das raubt Ihnen wichtige Nährstoffe, und wenn es ganz blöd läuft, greift er körpereigene Strukturen an und wird sogar systemisch.

Diät allein hilft nicht nur nicht, sie kann sogar gefährlich sein, weil Candida sich nicht einfach aushungern läßt.

Homöopathie ist ihm platt gesagt egal – Sie können unterstützend Albicansan von Sanum nehmen, das ist sehr gut und scheint eine Anti-Pilz-Kur nachhaltiger zu machen, aber allein damit einen Candida-Befall loszuwerden ist nicht möglich.

Und was die Mentalkraft angeht – seien wir ehrlich, wären wir derart erleuchtete Meister, wären wir nicht hier an dieser Stelle und würden uns nicht mit dieser Art von Problemen herumschlagen.

Die gute Nachricht ist, daß die Molekularstruktur des Antimykotikums namens Nystatin so groß ist, daß das Zeug nicht von der Darmschleimhaut aufgenommen wird. Es vernichtet den Pilz und verschwindet dann mit dessen sterblichen Überresten in der Keramik – auf Nimmerwiedersehen, wenn danach alles richtig läuft.

Um nun die Darmflora wieder nachhaltig aufzuforsten – und das gilt sowohl, wenn man vorher einen Pilzbefall hatte, als auch, wenn man „nur“ eine verschobene Flora hat – muß man verschiedene Faktoren beachten.

Nicht anders als im Wald: Pflanzt man Bäume, für die nicht die richtigen Nährstoffe im Boden sind, wird aus den Bäumen nix. Statt dessen pustet der Wind über den Boden und trägt auch noch den Rest der fruchtbaren Erde ab, bis es nichts mehr gibt, worauf noch etwas wachsen könnte.

Pflanzt man nur Fichten, wächst sonst nichts (gucken Sie mal in einen Fichtenwald – da wächst wirklich fast nichts unter den Bäumen), die Bäume fallen wegen der flachen Wurzeln bei jedem Sturm um, und anfällig für den Borkenkäfer sind sie auch noch.

Man muß also zunächst einmal die Bedingungen schaffen, um im Darm ein hübsches, effizientes neues Ökosystem aus Mischkultur heranzuzüchten.

Dazu sollten, wie bereits erwähnt, alle Lebensmittel ermittelt und vom Speisezettel gestrichen werden, gegen die man eine Unverträglichkeit irgendeiner Art hat.

Auch Zucker und Weißmehl sollten gestrichen werden. Wenn Süßung, dann mit Stevia oder Erythritol. Beides wird nicht von Darmbewohnern verstoffwechselt, füttert also nichts Ungesundes und löst auch keine Reaktionen in Form von Blähungen oder Durchfall aus.

Auch für Menschen, die nicht unter einer diagnostizierten Glutenintoleranz leiden, hat es sich als sehr vorteilhaft erwiesen, auf Weizen zu verzichten. Versuchen Sie es, wenn Sie wirklich nicht auf mäßige Mengen von Getreideprodukten verzichten wollen, mit Kamut, Emmer und Einkorn, oder auch mit den wirklich glutenfreien Saaten Hirse, Buchweizen, Amarant und Quinoa. Viele Menschen mit Magen-Darmproblemen profitieren enorm von einem Verzicht auf Gluten. Ein ausgezeichnet Beispiel für einen recht populären Menschen, der durch eine Umstellung auf glutenfreie Ernährung einen riesigen Gesundheits- und Karrieresprung gemacht hat, ist der Tennisprofi Novak Djokovic. Er hat sogar ein Buch über seine bahnbrechenden Erfahrungen geschrieben.

Wenn Sie ohnehin Ihre Darmflora analysieren lassen, lassen Sie Ihren Stuhl auch gleich daraufhin untersuchen, wie gut Sie Ihre Nahrung verwerten.

Das heißt, der Stuhl wird auf Rückstände von Fetten, Eiweißen, Stärke, Zucker untersucht sowie auf verschiedene Parameter, die Aufschluß über eine eventuelle Malabsorption, also schlechte Aufnahme von Nährstoffen, über Entzündungsreaktionen sowie über Maldigestion geben, also schlechte Verdauung.

Die Parameter hierfür sind:

Für Malabsorption und Entzündungen:

Alpha-1-Antitrypsin

Calprotectin

Für Maldigestion:

Pankreaselastase

Gallensäure

Ferner kann, um die Schleimhautimmunität zu bestimmen, sekretorisches IgA bestimmt werden.

Verdauen Sie beispielsweise Eiweiße nur unzulänglich, kann es hilfreich sein, der Magensäure mit Hilfe von Betain HCL auf die Sprünge zu helfen. Verdauen Sie Eiweiße und Kohlenhydrate schlecht, können Verdauungsenzyme helfen (also Präparate, die Amylase, Lipase, Pankreatin, Bromelain, Papain, Cellulase, Diastase und Alpha-D-Galactosidase enthalten).

Verdauen Sie Fett nicht gut, kann es hilfreich sein, besonders viele mittelkettige Fettsäuren zu sich zu nehmen, wie etwa Kokosöl, weil diese ohne Gallensäure verdaut werden können. Zudem kann man der Galle mit Artischocken-Extrakt auf die Sprünge helfen.

Ist dies alles erledigt, sind also die Grundlagen geschaffen, um die neue Darmflora nicht gleich wieder im Keim zu ersticken, kann es ernstlich an die Aufforstung gehen.

Hier muß man wissen, daß die meisten im Handel erhältlichen sogenannten Probiotika keine siedlungsfähigen Kulturen enthalten.

Das bedeutet, die Bakterien, die man zu sich nimmt, sind nur auf der Durchreise und lassen sich nicht im Darm nieder.

Man sollte also nicht nur gezielt genau die Kulturen wieder ansiedeln, die fehlen, sondern man muß auch Bakterienstämme haben, die seßhaft sind.

Ferner muß man beachten, daß manche Probiotika neben Bakterienkulturen auch Oligosaccharide wie Inulin enthalten.

Das ist prinzipiell eine gute Idee, da Oligosaccharide im Darm zu kurzkettigen Fetten umgebaut werden, mit der die Darmschleimhaut gefüttert wird, was für einen guten Boden für die Bakterien sorgt.

In der Praxis reagieren jedoch viele Menschen mit Darmproblemen extrem empfindlich auf Oligosaccharide, so daß man entweder ausprobieren muß, ob man sie verträgt, oder aber lieber gleich darauf verzichtet.

Schließlich noch ein Wort zu einem besonders heiklen Thema: Parasiten.

Viele Menschen mit scheinbar unerklärlichen gesundheitlichen Problemen weisen eine hohe Belastung mit Parasiten auf.

Das Problem dabei ist, daß deutsche Labors in der Regel keine zuverlässigen Stuhltests auf Parasiten durchführen können. Das einzige zuverlässige Labor, das ich kenne, ist ein niederländisches Labor; die deutsche Version der Website ist noch im Aufbau, daher steht derzeit neben der holländischen nur die englische zur Verfügung. Dort kann man jedoch Tests auf Darmparasiten anfordern: parasiet.com

Wer mit allem anderen nicht weiterkommt und keine Verbesserung erzielt, egal, wie sklavisch er seine Ernährung umstellt und den Darm saniert, sollte in Erwägung ziehen, einen solchen Test zu machen. Da das Thema Parasiten gerade auch für Krebs besondere Relevanz hat, wird ihm noch ein eigener Post gewidmet werden.

Hier nun noch einmal alle Schritte zum Aufbau einer gesunden Darmflora und damit einer gesunden Verdauung:

  • Normaler Stuhl ist braun bis gelbbraun und sollte im Idealfall wie eine glatte, weiche Wurst aussehen. In Ordnung ist auch noch eine weiche Wurst mit Rissen auf der Oberfläche.

  • Hinsichtlich der Häufigkeit des Stuhlgangs gibt es keine wirklich verbindlichen Angaben. Als normal gilt alles von dreimal täglich bis dreimal wöchentlich. Im Schnitt sollte man als gesundes Mittel wohl einmal täglich annehmen. Entscheidender allerdings ist die Stuhlqualität sowie der Ablauf des Stuhlgangs: Er sollte weich und geformt wie oben beschrieben sein und mühelos vonstatten gehen. Ist der Stuhl hart und steinig oder flüssig, ist das nicht in Ordnung. Muß man ihn mühsam hervorpressen, ist auch das nicht gesund.

  • Leiden Sie unter irgendwelchen Magen-Darm-Beschwerden (Verstopfung, Durchfall, Blähungen, Übelkeit, Schmerzen), unter Allergien, Neurodermitis, Autoimmunerkrankungen, oder fühlen Sie sich unablässig müde, nicht leistungsfähig, „nebelig“ im Kopf, haben Gelenkschmerzen, die nicht mit Arthritis oder Rheuma zu erklären sind, oder haben Sie häufig Infektionen und/oder nehmen häufig Antibiotika: Lassen Sie Ihren Stuhl untersuchen, und zwar auf:

    Aerobe und anerobe Leitkeime

    Pilze

    Verdauungsrückstände

    Alpha-1-Antitrypsin

    Calprotectin

    Pankreaselastase

    Gallensäure

    Sekretorisches IgA

  • Ermitteln Sie Allergien, Unverträglichkeiten und Intoleranzen

  • Ermitteln Sie eventuelle Schwermetallbelastungen, Amalgam in den Zähnen, toxische Belastungen oder auch externe „Giftquellen“ wie Schimmelpilze in der Wohnung oder giftige Ausdünstungen aus Möbeln – auch dies alles kann die Darmflora beeinflussen

  • Sollten derartige Belastungen vorliegen, entgiften Sie, beseitigen Sie Schimmelquellen etc.

  • Eliminieren Sie Zucker aus Ihrer Ernährung

  • Eliminieren Sie zumindest für eine gewisse Zeit Gluten und Kuhmilch

  • Reduzieren Sie den Verzehr von rotem Fleisch auf einmal pro Woche

  • Verzichten Sie auf verarbeitete Nahrungsmittel

  • Beseitigen Sie Pilze aus dem Darm

  • Forsten Sie Ihre Darmflora mit den richtigen Keimen wieder auf

  • Unterstützen Sie gegebenenfalls Ihren Verdauungsapparat mit Betain HCl, Enzymen und /oder Artischockenextrakt

Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns, wenn Sie sich bereits mit dem Thema Darmgesundheit auseinandergesetzt haben! Dies ist ein so komplexes Gebiet, weil jeder Mensch anders und der Verdauungsapparat mit allen Enzymen und Keimen eine sehr individuelle Sache ist. Jede Erfahrung kann einem anderen weiterhelfen, wo Schulmedizin und Naturheilkunde vielleicht versagen.

Vielleicht sind es genau Ihre Erfahrungen, die jemandem zurück zu mehr Gesundheit verhelfen.

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