Kakao

Kakao

Denkt man an Ernährung und Krebs, denkt man automatisch an Polyphenole. Denkt man an Polyphenole, denkt man automatisch an Rotwein und Schokolade.

Ich mag Rotwein und trinke ihn regelmäßig – so einmal pro Jahr ungefähr. Vielleicht würde ich ihn öfter trinken, wenn da nicht die blöde Alkohol-Wirkung wäre. Noch streiten ja die Gelehrten, ob Alkohol nun in geringen Mengen, also ein Glas Rotwein pro Tag, eher gesund ist, oder ob jede kleinste Menge Alkohol schon ein gesundheitliches Risiko darstellt.

Da ich viele Leute kenne und kannte, die bei regelmäßigem Alkoholkonsum ziemlich alt geworden sind beziehungsweise gerade dabei sind zu werden, und deren gesundheitliche Gebrechen, sofern vorhanden, ich relativ eindeutig anderen Ursachen zuordnen würde als gerade dem Alkohol – also deswegen würde ich auf den Alkohol pfeifen und öfter Rotwein trinken.

Bloß stört es mich, daß er so müde macht. Ein Glas, und ich will nur noch ins Bett. Außerdem mag ich das benebelte Gefühl nicht, das er erzeugt.

Daher ist meine bevorzugte Form, Polyphenole zu mir zu nehmen, Kakao. Und wenn ich von Kakao rede, meine ich nicht das Getränk, sondern die Bohne, die die Grundlage für das Getränk und alle anderen schokoladigen Genüsse bildet.

Nicht daß ich mir nicht einbilden würde, bereits alles über Kakao zu wissen, was es gibt – ich meine, wir reden über Schokolade, oder? Aber trotzdem befiehlt mir mein wissenschaftliches Gewissen, zu recherchieren, bevor ich irgendwelchen nicht-fundierten Blödsinn von mir gebe.

Und während ich mich so durch die Aufsätze und Artikel zum Thema Schokolade und Flavonoide beziehungsweise Flavanole arbeitete, sprang mir an einer Stelle die Bemerkung ins Auge, daß man natürlich überall händeringend nach Inhaltsstoffen suche, die Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes verhindern, da diese Krankheiten ja explosionsartig auf dem Vormarsch seien.

Das löste einen heftigen Lachanfall bei mir aus. Nicht, weil diese Krankheiten explosionsartig auf dem Vormarsch sind, denn das ist ja nun alles andere als lustig.

Sondern weil ich mich frage, warum um alles in der Welt man Milliarden dafür verschwendet, Substanzen gegen Krankheiten zu finden, die man ganz einfach verhindern könnte, wenn man aufhörte, genau diese Substanzen aus der Nahrung herauszuzüchten oder durch industrielle Verarbeitung zu eliminieren, denen man dann mit solchem Aufwand anderswo wieder nachjagt.

Artgerechte Ernährung, die nicht aus Industriemüll besteht, genügend Bewegung und vernünftige Seelenpflege.

Seelenpflege.

Der Bayern-Trainer ist, laut Aussage eines der Fußballer, nicht dafür zuständig, daß seine Jungs abends nach dem Training mit einem Lächeln ins Bett gehen.

Arme Jungs, denke ich mir. Und armer Trainer.

Was hat nun diese Aussage wieder mit Schokolade zu tun?

Viel. Sie spiegelt nämlich auf eine gewisse Weise unseren Zeitgeist.

Schokolade macht glücklich, und sie enthält gesunde Substanzen. Sie pflegt, richtig angewendet, Körper und Seele.

Doch wie beim Fußball haben wir auch hier das Wesentliche aus den Augen verloren.

Im Fußball geht es nicht mehr um Freude an Bewegung und Spaß an spielerischem Wettkampf.

Und bei Schokolade geht es nicht mehr um Genuß, Gesundheit und Seelenpflege.

Der Mensch wird drei Jahre alt, und dann wächst nur noch der Körper. Der Rest von uns bleibt das Kleinkind, das unablässig seine Grenzen testen muß. Größer, besser, schneller, weiter.

Unglücklicherweise sind wir, wenn wir nicht achtsam sind, Opfer dieses Drangs. Direkt wie indirekt – wir versuchen selbst häufig ziemlich unreflektiert, Grenzen zu sprengen (was ja in Ordnung wäre, täten wir es bewußt), und wir fallen der Industrie zum Opfer, die uns die Produkte ihres Strebens nach „Verbesserung“ aufzwingt.

„Verbesserung“ bedeutet in diesem Fall: Besser für die Industrie, weil schneller, billiger und massenhafter zu produzieren, wodurch die Gewinnspanne immer höher wird.

Und der Kunde glaubt an die Verbesserung, weil er von der Industrie geschickt dahin manipuliert wird, immer mehr von dem haben zu wollen, was sie massenhaft produziert.

Kein Mensch braucht wirklich einen Tablet-Computer oder ein Smartphone. Doch jeder glaubt, es unbedingt haben zu müssen.

Kein Mensch benötigt jeden Tag eine Tafel Schokolade, um glücklich zu sein.

Glauben Sie, Sie seien verrückt nach zartschmelzender lila Versuchung, weil die so gut schmeckt?

Dann befinden Sie sich im Irrtum.

Sie sind verrückt danach, weil der Hersteller das so will, und das will er nicht aus Herzensgüte, damit Sie genügend Polyphenole bekommen und gesund bleiben.

Sie sind nicht verrückt danach, weil Ihr Körper instinktiv weiß, daß Polyphenole aus Kakao gut für ihn sind und er ganz oft ganz viel davon haben will. In der lila Versuchung sind so gut wie keine Polyphenole. Die würden auch nicht so süchtig machen, daß man eine ganze Tafel pro Tag wegputzt.

Sie sind verrückt nach dem Zucker, dem Fett und den Aromastoffen – nicht denen aus dem Kakao, sondern denen, die der Schokolade zugesetzt wurden, um den Kakao-Geschmack zu verstärken, weil der sonst vor lauter Süße gar nicht mehr erkennbar wäre.

Vier lange Regalreihen im hiesigen Riesen-Supermarkt enthalten nichts als Schokolade, und darunter ist nur eine einzige aus fair gehandeltem Kakao, und nur ein Bruchteil hat 70 oder mehr Prozent Kakaoanteil. Der Rest ist Industriemüll, der aus Zucker, schlechter Milch und Kakao besteht, für den die Schokoladenhersteller nicht genug zu bezahlen bereit sind, damit die Bauern wirklich davon leben können, und damit er angebaut und geerntet werden kann, ohne daß dafür Kinder entführt und versklavt werden. Der Kakao muß billig sein, damit die Gewinnspanne große genug ist – und damit wir uns mit vielen Tafeln davon vollstopfen können.

Sie sind nicht glücklich nach dem Genuß einer solchen fetten, süßen Tafel Schokolade, sondern haben nur ein Suchtempfinden befriedigt. Insgeheim ärgern Sie sich, weil Sie dem Drang schon wieder nachgegeben haben und die Jeans zu kneifen beginnt.

Diese Art Schokolade ist auch keine Nervennahrung, wie viele sich einzureden versuchen. Man bekommt einen momentanen Insulin-Kick, aber insgesamt betrachtet fühlt man sich, wenn man regelmäßig viele Tafeln Vollmilchschokolade verdrückt, in der Regel nicht wirklich übertrieben fit.

Reiner Kakao ist so „kakao-ig“, daß Sie ihn nicht pur essen würden.

Okay, Sie vielleicht schon, aber die meisten anderen eher nicht.

Jedenfalls macht er nicht süchtig, sagt die Wissenschaft lapidar.

„Hilfe, ich bin Schoko-süchtig, was soll ich machen??“ steht in unzähligen online-Foren.

Wer hat recht?

Die Wissenschaft.

Kakao macht nicht süchtig.

Zucker macht süchtig.

Dem Thema habe ich bereits drei Kapitel gewidmet.

Kakaobohnen sind die Samen des Baumes Theobroma cacao, der ursprünglich aus Südamerika stammt. Mittlerweile jedoch kommen nur noch ca. 20% des weltweit verarbeiteten Kakaos aus Südamerika. Der Rest stammt aus Afrika und Indonesien.

Die Kakaobohnen befinden sich in bis zu 500g schweren, gelben bis roten ovalen Früchten mit sehr harter Schale. In dieser harten Schale sitzen sie eingebettet in schleimiges weißes, süß-säuerliches und sehr schmackhaftes Fruchtfleisch, aus dem in Brasilien ein Fruchtsaft namens suco de cacao gewonnen wird.

Nach der Ernte werden die Kakaofrüchte aufgeschlagen, ausgebreitet und mit Bananenblättern bedeckt, woraufhin das zuckerhaltige Fruchtfleisch rasch zu gären beginnt. In der entstehenden Wärme keimen die Bohnen ganz kurz an, doch infolge der hohen Temperatur (50°C) und die bei der Gärung entstehende Säure wird der Keimungsprozeß sehr schnell wieder gestoppt, und die Bohnen sterben ab. Dadurch werden sie haltbar, und die Bitterstoffe der Bohnen werden reduziert, was für den späteren Geschmack entscheidend ist.

Diese Fermentation dauert sechs Tage, während derer die Bohnen ihre typischen Aromen und Farben entwickeln.

Danach werden sie in der Sonne getrocknet, bis sie auf etwa 50% ihrer ursprünglichen Größe eingeschrumpft sind.

Um schließlich den Stoff süßer Träume zu erhalten, werden die fermentierten und getrockneten Kakaobohnen noch für 10 bis 35 Minuten bei 100 bis 160°C geröstet und dann zu Kakaomasse, Kakaopulver und Kakaobutter verarbeitet.

Schwach entöltes Kakaopulver hat einen Fettgehalt von mindestens 20% Kakaobutter, stark entöltes Kakaopulver von etwa 10%.

Die dunkle Farbe, die wir von reinem Kakaopulver kennen, ist nicht die normale Farbe rohen Kakaopulvers; sie entsteht erst durch ein Verfahren, das der Niederländer Coenraad Johannes van Houten im 19. Jahrhundert entwickelt hat, bei dem man den Kakao mit Alkalien wie Natriumcarbonat behandelt, so daß er weniger sauer, besser wasserlöslich und geschmacklich weicher wird. Dadurch wird die Menge der im Kakao vorhandenen Antioxidantien reduziert, doch bleibt aufgrund der sehr großen Ausgangsmenge an Antioxidantien im rohen Kakao immer noch relativ viel übrig.

Rohes Kakaopulver ist eher hellbraun.

Kakaobohnen enthalten im Schnitt 53% Fett (Kakaobutter), 11,5% Eiweiß, 9% Cellulose, 7,5% Stärke und Schleimstoffe (Pentosane), 6% Gerbstoffe wie Tannin sowie farbgebende Bestandteile, 5% Wasser, 2,6% Mineralien und Salze, 2% organische Säuren und Aromastoffe, 1,2% Theobromin (eine Substanz aus der Familie der Methylxanthine, wozu auch Koffein gehört), 1% verschiedene Zucker und 0,2% Koffein.

Theobromin ist weniger anregend als Koffein, kann jedoch für Hunde und Katzen giftig sein, weswegen man seine Haustiere nicht mit Schokolade füttern sollte.

Ferner enthält Kakao die Neurotransmitter Dopamin und Serotonin, die zusammen mit dem Theobromin für die stimmungsaufhellende Wirkung verantwortlich gemacht werden. Daneben enthält er auch die Aminosäure Tryptophan, die eine Vorstufe zum Serotonin bildet.

Auch relativ viel Magnesium findet sich im Kakao.

Das Fett, die Kakaobutter, besteht zu 35% aus Stearinsäure und 25% Palmitinsäure, zwei gesättigte Fettsäuren. Weitere 35% sind Ölsäure, eine einfach ungesättigte Fettsäure, die vor allem in Olivenöl vorkommt und sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken soll. Von der Stearinsäure wird nur ein Teil resorbiert, während bis zu 15% davon in der Leber ebenfalls zu Ölsäure umgewandelt werden.

Ein kleiner Wermutstropfen ist der Histamingehalt: Wer beim Genuß hochprozentiger Schokolade ein rotes Gesicht, Magen-Darm-Beschwerden oder Kopfschmerzen bekommt, rappelig wird oder andere unangenehme körperliche Begleiterscheinungen bemerkt, sollte überprüfen, ob er an einer Histaminintoleranz leidet beziehungsweise ganz einfach empfindlich auf größere Mengen von Histamin reagiert.

Frauen in der zweiten Zyklushälfte vertragen häufig keine größeren Mengen Histamin, da ein erhöhter Östrogenspiegel die Histaminverarbeitung behindern kann. Daher sollten bei ausgeprägter PMS und starken Menstruationsbeschwerden histaminreiche Lebensmittel wie Kakao gemieden werden.

Auch in den Wechseljahren kann es zu einer gesteigerten Empfindlichkeit gegen Histamin kommen, so daß Kakaogenuß plötzlich zu Herzrasen oder anderen der oben genannten Beschwerden führt, die man vorher vielleicht nie hatte.

Häufig wird Kakao auch für seinen Eisengehalt gepriesen, was ja für viele Frauen durchaus ein Thema ist. Zweifellos enthält Kakao Eisen, allerdings enthält er auch Oxalsäure, die die Eisenresorption hemmt (100g Kakao enthalten 330-480mg und Schokolade je nach Sorte 80-100mg Oxalsäure). Insofern taugt Kakao (ebenso wie übrigens Spinat, der ebenfalls sowohl Eisen als auch Oxalsäure enthält) nur sehr bedingt als Eisenlieferant und sollte eigentlich eher zeitlich versetzt zu einer eisenhaltigen Mahlzeit oder der Einnahme eines Eisenpräparates verzehrt werden.

Doch damit ist auch schon das Ende der Liste negativer Wirkungen von Kakao erreicht. Die positiven überwiegen bei weitem.

Wie gesagt, die Rede ist noch immer von Kakao, also dem Zeug, das in Bohnenform vom Baum kommt.

Reiner Kakao ist nicht kreberregend, und abgesehen von der eventuellen Histaminwirkung kann ihm auch sonst nichts Schädliches nachgesagt werden. Jedenfalls ist dies bisher keiner Studie gelungen.

Mit einer Ausnahme: Eine Studie besagt, daß Frauen mit dem höchsten Kakaoverzehr das höchste Brustkrebsrisiko hatten.

Wenn wir uns daran erinnern, daß hohes Brustkrebsrisiko mit hohem Verzehr ungesunder Fette, Zucker und Übergewicht korreliert, und daß konventionelle Schokolade, also die Form, in der Frauen für gewöhnlich ihre größeren Kakaomengen zu sich nehmen, vorwiegend aus Zucker und Fett besteht, und daß Frauen, die solche Schokolade in größerer Menge verzehren, eher übergewichtig sind oder zumindest, selbst wenn sie normalgewichtig sind, einen relativ hohen Körperfett-Anteil haben – dann liegt auf der Hand, daß das Zeug, das in Bohnenform vom Baum kommt, keine wesentliche Rolle in diesem Geschehen spielt.

Um bei den Studien zu bleiben: Es gibt alle möglichen Studien, die die positive Wirkung der in großer Menge im Kakao vorhandenen Antioxidantien beforschen und auch bestätigen.

Wie bereits gesagt, die Antioxidantien im Kakao sind Polyphenole, und zwar Flavonoide. Diese sind vor allem Geschmacksstoffe. Am meisten und besten beforscht ist dabei ein Flavanol namens Catechin – das gleiche Polyphenol, das grünen Tee zu Berühmtheit gebracht hat. 50g sehr dunkle Schokolade (mindestens 70% Kakaoanteil) enthalten ungefähr so viel davon wie eine Tasse 10 Minuten lang durchgezogener grüner Tee.

Die vorhandene Forschung bezieht sich vorwiegend auf die Effekte von Kakao auf das Herz-Kreislaufsystem, wobei dies vermutlich durch Berichte über das Volk der Kuna-Indianer motiviert wurde. Einer Studie des Harvard Professors Norman Hollenberg zufolge soll dieses Volk auf einer Inselgruppe vor der Küste Panamas trotz hohen Salzkonsums bis ins hohe Alter einen extrem niedrigen Blutdruck haben, was auf den hohen Kakao-Konsum der Leute zurückgeführt wird. Kakao-Konsum wie zu Zeiten Montezumas, um genau zu sein, nämlich zu Kakaomasse gequetschte Kakaobohnen, die mit Wasser, ohne Zucker, schaumig geschlagen werden; und davon mindestens fünf Tassen pro Tag.

Als ich diese faszinierende Tatsache recherchierte, stieß ich allerdings auf den ernüchternden Bericht einer Journalistin, die sich auf die Suche nach den kakaotrinkenden herzgesunden Kunas begeben hat, um eben diese Geschichte zu verifizieren. Das Ergebnis ihrer Reise war, daß sie keinen einzigen Kuna finden konnte, der jeden Tag mindestens fünf Tassen Montezuma-Kakao trinkt. Und mit Kakao gekocht wurde ebenfalls nicht, sondern mit Kokos.

Da mir die eigene Anschauung fehlt, kann ich nicht sagen, wie es sich nun tatsächlich mit den Kuna-Indianern und dem Kakao verhält. Allerdings nehme ich an, daß zumindest die ältere Generation wirklich noch das traditionelle Getränk in größerer Menge zu sich genommen hat, was den Ausschlag für die Forschungen zum Thema Flavanole und Herz-Kreislauf-Gesundheit gegeben hat.

Wie auch immer, breit angelegte langjährige Beobachtungsstudien zum Thema Schokolade gibt es sonst kaum, da sie nicht wirklich sinnvoll und kaum machbar sind, weil es sich ja nicht um ein standardisiertes Produkt handelt. Schokoladenkonsumenten konsumieren sehr unterschiedliche Produkte mit sehr unterschiedlichem Kakaogehalt und teilweise eben auch sehr ungesunden Zusätzen.

Milch etwa hat in Schokolade nichts zu suchen, wenn man die antioxidative Wirkung möchte, denn Milch hemmt die Wirkung der Flavonoide.

Auch sonst ist Milch ein eher sinnloser Zusatz, denn mit ihm geht auch ein hoher Zuckeranteil einher, der den gesundheitlichen Wert der Schokolade komplett vernichtet.

Werfen Sie einmal einen Blick auf die Inhaltsstoffe einer 30%igen Alpenmilchschokolade: Zucker, Kakaobutter, Magermilchpulver, Kakaomasse, Süßmolkenpulver, Butterreinfett, Haselnüsse, Emulgator (Sojalecithin), Aroma (Vanillin). Die Inhaltsstoffe werden nach Menge deklariert, also was an erster Stelle steht, ist am meisten enthalten.

Meines Erachtens sollte bei Schokolade auch Schokolade die Hauptzutat sein und nicht erst an vierter Stelle kommen. Und Zucker sollte nur bei Zucker die Hauptzutat sein.

Kakaobutter enthält kein einziges der vielen Antioxidantien aus der Kakaobohne. Hundert Gramm einer solchen Schokolade enthalten insgesamt 57,5 Gramm Zucker. Mehr als die Hälfte ist also Zucker. Naja, 30% Kakaoanteil heißt eben 30% Kakaoanteil.

Und Vanillin macht ebenso wie Zucker süchtig. Es hat also recht einfache Gründe, warum man eine solche Tafel nach dem ersten schmelzenden Bissen nicht wieder weglegen kann …

Wollte man eine sinnvolle Beobachtungsstudie, müßten die Teilnehmer über einen langen Zeitraum alle die gleiche 70-85%ige Schokolade essen, in unterschiedlichen Mengen. Aber das ist nun einmal nicht realistisch darstellbar.

Dennoch sprechen die bisher gewonnen Erkenntnisse für sich – regelmäßiger Genuß von mindestens 70%iger Schokolade hat, außer bei Menschen mit einer Histaminintoleranz oder -sensitivität, durchweg positive Auswirkungen.

Kakao verhindert die Verklumpung von Blutplättchen, senkt den LDL-Cholesterinspiegel und erhöht dafür den „guten“ HDL-Cholesterinspiegel.

Bei gesunden, normalgewichtigen Personen mit erhöhtem Blutdruck wurde die Insulinempfindlichkeit verbessert, und bei Versuchen mit argentinischen Fußballspielern hat man eine Leistungssteigerung festgestellt. (Den sich aufdrängenden Witz über das Endspiel im vergangenen Jahr verkneife ich mir an dieser Stelle.)

Ferner wurde in einer Studie bewiesen, daß längerfristiger Konsum flavanolreichen Kakaos die Endothelfunktion bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Cholesterinspiegel verbessert. Einfacher ausgedrückt, bei Frauen nach den Wechseljahren, die einen zu hohen Cholesterinspiegel haben, bewirkt Konsum von flavanolreichem Kakao, daß die Wände der Blutgefäße besser funktionieren, was beispielsweise das Arteriosklerose-Risiko senkt und die Durchblutung verbessert.

Zum Thema Krebs ist die Studienlage unklar. Bis jetzt gibt es keine wirklich signifikant aussagekräftigen Studien, die belegen, daß regelmäßiger Genuß hochprozentiger Schokolade das allgemeine Krebsrisiko mindert. Man kann jedoch in Anbetracht der hohen Menge an Antioxidantien wohl davon ausgehen, daß regelmäßiger Konsum hochprozentiger, zuckerarmer Schokolade gesundheitsförderlich ist, auf keinen Fall aber das Krebsrisiko erhöht.

Kakao so zu genießen, daß er tatsächlich gesundheitsförderlich ist und sich nicht in unerwünschtes Hüftgold verwandelt, ist im Dschungel der Süßwarenindustrie eine Herausforderung.

Die Antioxidantien und bisher möglicherweise noch gar nicht beforschten sonstigen Inhaltsstoffe des Kakaos, die eine positive Auswirkung auf unsere körperliche Gesundheit haben, sind eine Sache.

Eine andere Sache ist der Genuß-Faktor.

Wie kaum ein anderes Lebensmittel verdienen Kakao und die daraus hergestellten Produkte die Bezeichnung „Genußmittel“ – und genau darauf sollte auch der Fokus liegen.

Sich 99%ige Schokolade hinein zwingen oder Wasser mit ungesüßtem reinem Kakaopulver hinunterwürgen mag flavonoidtechnisch gesund sein. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, daß der fehlende Genuß diese Wirkung direkt wieder zunichte macht.

Es geht, wohl gemerkt, nicht darum, sich mit einer Tafel Alpenmilchzucker über den Alltagsfrust hinweg zu trösten, nur um hinterher den Hüftgold-Frust zu schieben und den Gedanken an drohende gesundheitsschädliche Wirkungen mit einem Glas Schoko-Haselnuß-Creme zu ersticken.

Es geht darum, sich entspannt zurückzulehnen und mit allen Sinnen das Wahnsinns-Aroma zu genießen, das sich im Mund ausbreitet, wenn man richtig echt kakao-ige Schokolade auf der Zunge zergehen läßt.

Den Weg aus der Zuckerfalle und die Entwöhnung von süßem Industriemüll habe ich hier beschrieben.

Ist man einmal von Süßem entwöhnt, bekommt man selbst Bio-Fairtrade-Vollmilchschokolade nicht mehr herunter, weil sie einfach zu fürchterlich süß schmeckt.

Dafür entdeckt man endlich den Happiness-Faktor echten Kakao-Aromas, den die Zucker-Milch-Zubereitung mit Schoko-Aroma vermissen läßt.

Hier ein paar Tips, wie Sie sich sowohl low-carb als auch im Rahmen einer echten ketogenen Ernährung den Alltag besten Gewissens mit ein wenig Schokolade überziehen können:

  • Für eine präventive low-carb-Ernährung eignet sich die im Handel erhältliche 70-85%ige Schokolade. Wenn Sie sich etwas wirklich Gutes tun wollen, gönnen Sie sich eine Tafel Fairtrade-Schokolade – die pflegt die Seele gleich doppelt.

  • Kakao-Aroma braucht Wärme, um sich zu entfalten. Bewahren Sie Ihre Schokolade nicht im Kühlschrank auf, es sei denn, es handelt sich um selbst gemachte wie unten beschrieben. Die schmilzt so rasch, daß sich das Aroma problemlos im Mund entfalten kann.

  • Bröckeln Sie die Schokolade in kleine Stücke, die Sie einzeln auf der Zunge zergehen lassen. Schokoladiger geht es nicht, versprochen!

  • Wenn Sie ganz mutig sind, versuchen Sie dies einmal mit 90%iger Schokolade. Ein kleines Stückchen im Mund zergehen lassen und den echten Kakao-Geschmack ergründen. Wenn das wirklich nichts für Sie ist, benutzen Sie den Rest der Schokolade für heiße Schokolade oder andere Schokoladen-Rezepte.

  • Kakao mit Kuh- oder Sojamilch ist flavonoid-technisch nicht sinnvoll. Nehmen Sie ungesüßte Mandelmilch oder Kokosmilch ohne Zusätze und süßen Sie mit Xylit, Erythrit oder Stevia.

  • Mittlerweile gibt es im Handel auch reine Xylit-Schokolade, die sich für eine ketogene Diät eignet.

  • Werden Sie kreativ! Längst kann man problemlos in Bioläden oder im Internet Kakaobutter, Kakao-Nibs und Roh-Kakaomasse bekommen. Experimentieren Sie – wenn eine Schokolade nichts wird, kann man das Endergebnis meistens trotzdem mit Kokos- oder Mandelmilch zu heißer Schokolade einschmelzen. Mit zu Staubzucker vermahlenem Xylit und Erythrit, Kakaobutter, Kakaopulver, Kakaomasse und ein wenig echter Vanille kann man ohne Schwierigkeiten leckere Schokolade und Pralinen selbst herstellen, die sich für eine low- oder no-carb-Diät eignen.

  • Kakaonibs etwa kann man in der Pfanne mit ein wenig Kokosöl und Xylit karamellisieren – schmeckt herrlich im Naturjoghurt mit Himbeeren.

  • Wenn Sie Minzschokolade und heißen Kakao mögen, versuchen Sie folgendes Rezept: Brühen Sie Pfefferminztee auf, rühren Sie einen Eßlöffel Kakaopulver hinein oder schmelzen Sie ein Stück 90 oder 99%ige Schokolade darin und süßen Sie dann nach Geschmack mit Xylit, Erythrit oder Stevia.

  • Die absolut allereinfachste selbstgemachte Schokolade besteht aus drei Zutaten: Kakaopulver, Kokosöl und entweder gepudertem Xylit, Eryhtrit oder flüssigem Stevia. Vermischen Sie 2 Eßlöffel geschmolzenes natives Kokosöl mit 5 Eßlöffeln Kakaopulver und 3-4 Teelöffeln (oder nach Geschmack) gepudertem Xylit, rühren Sie die Masse glatt und füllen Sie sie in Pralinenförmchen oder streichen Sie sie in einer kleinen, mit Backpapier ausgelegten Kastenform aus. Lassen Sie die Schokolade im Kühlschrank oder Gefrierfach hart werden – fertig ist die einfachste low-carb-Schokolade. Sie muß allerdings im Kühlschrank aufbewahrt werden, da das Kokosfett schnell schmilzt. Wenn Sie mögen, können Sie dieser Masse beispielsweise einen Eßlöffel Mandelmus zufügen, oder ein Stück 99%ige Schokolade zusätzlich im Kokosfett schmelzen.

  • Sie frühstücken gern Nutella und trauern jetzt, weil Sie Keto machen wollen und es kein Nutellabrot mehr gibt? Probieren Sie einmal einen Schoko-Pfannkuchen zum Frühstück: 1 Ei, 1 Eßlöffel Mandelmus, 2 Eßlöffel Wasser, 1 Eßlöffel neutrales Eiweißpulver, 1 Eßlöffel Kakaopulver, eine Prise Vanille und Xylit, Erythrit oder Stevia nach Geschmack verquirlen und daraus einen großen Pfannkuchen backen (der ist ein wenig bröckeliger als ein normaler Mehl-Pfannkuchen, also Vorsicht beim Wenden!)

Und zuletzt eine Rezeptidee für ein würziges Gericht mit Schokolade: In Südamerika haben Saucen mit der Bezeichnung „Mole“ eine lange Tradition. Sie enthalten immer irgendeine Art von Chili, viele Gewürze, meistens Tomaten oder Tomatillos, und manche werden auch mit Schokolade zubereitet. Um den hier verfügbaren Zutaten gerecht zu werden, habe ich meine eigene Version kreiert, die wunderbar zu gebratenem Tofu oder Huhn, aber auch Gemüse paßt, und die jede Menge bioaktive, antikanzerogene Substanzen enthält:

Zutaten für 2 Personen:

  • 1/2 EL natives Kokosöl

  • 1 EL Tomatenmark

  • 4 EL passierte Tomaten oder Tomatenstücke im eigenen Saft

  • 1/2 EL Harissa oder andere Chili-Paste

  • 1 TL Xylit

  • 5 Tropfen flüssiges Stevia oder ein weiterer TL Xylit

  • 1/2 TL Zimt

  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt

  • Salz und Pfeffer nach Geschmack

  • 200 ml Wasser

  • 1 EL Mandelmus oder 2 EL gemahlene Mandeln

  • 1 Prise Piment

  • 15g 99%ige Schokolade

Zubereitung:

  • Schmelzen Sie das Kokosöl in einer Pfanne oder einem Topf und geben Sie dann 1 TL Xylit und das Tomatenmark dazu.

  • Lassen Sie Tomatenmark und Xylit leicht ankaramellisieren, dann geben Sie die passierten Tomanten, das Wasser, Harissa oder Chilipaste, Zimt, Piment und Stevia oder mehr Xylit hinzu, rühren Sie die Sauce glatt und lassen Sie sie einmal aufkochen, dann schmecken Sie mit Salz und Pfeffer ab, reduzieren die Hitze, geben den Knoblauch hinzu, das Mandelmus oder die gemahlenen Mandeln und die Schokolade und rühren, bis alles geschmolzen und glatt ist.

  • Sofort über gebratenem Tofu, Geflügel oder Gemüse servieren.

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