Säure-Basen-Haushalt

Säure-Basen-Haushalt

Einer der ersten Punkte, den jeder Naturheilkundler anspricht, ist der Säure-Basen-Haushalt.

Und das ist zugleich auch einer der Punkte, an denen die Schulmedizin sich meistens augenrollend abwendet.

Ungeachtet des akademischen Naserümpfens hat das Thema Übersäuerung es zu sehr großer Popularität gebracht – aus gutem Grund.

Die Probleme der Schulmedizin damit beruhen auf zwei Dingen: Der Terminologie und den unweigerlich entstandenen Fehlinformationen und auch Mythen und Märchen, die sich um das Thema „Übersäuerung“ ranken.

Wir sehen Dinge gern schwarz oder weiß, weil das einfacher ist. Die eine Sache ist gut, die andere schlecht, Ende der Geschichte.

Doch so einfach ist es weder in der Politik noch in der Heilkunde.

Meine erste bewußte Begegnung mit der Schulmedizin war sehr unerfreulich. Und meine erste Begegnung mit der Naturheilkunde war absolut lächerlich.

Die logische Folgerung hätte sein müssen: Ärzte sind unsensible Wichtigtuer, und Heilpraktiker sind inkompetente Schießbudenfiguren.

Glücklicherweise begriff ich, daß Heilkunde an und für sich etwas Neutrales ist. Es geht darum, herauszufinden, wie der Körper funktioniert, warum er funktioniert und was man tun kann, wenn er gerade mal nicht funktioniert.

Die Schulmedizin verfügt über sehr viele Erkenntnisse, doch was ihr häufig fehlt, ist die Fähigkeit, große Zusammenhänge zu betrachten.

Die Naturheilkunde ist bestrebt, den Gesamtzusammenhang zu betrachten, doch manchmal werden dabei einfache physikalische oder biochemische Tatsachen ignoriert, vergessen – oder man kennt sie gar nicht.

Der Schulmediziner lernt im Studium sehr viel mehr Details darüber, was biochemisch im Körper vor sich geht, als ein Heilpraktiker es normalerweise tut. Leider ist so gut wie kein Arzt in der Praxis fähig, dieses theoretische Wissen auch umzusetzen – nicht weil Ärzte dumm sind, sondern weil sie es im Studium nicht gelernt haben und ihnen nach dem Studium ganz einfach die Zeit fehlt, darüber nachzudenken, und der Gedanke auch häufig gar nicht auftaucht, weil sie von einem anderen System geprägt sind.

Viele Weisheiten der Naturheilkunde stimmen mit dem überein, was der Mediziner in der Biochemie gelernt hat, doch weil der Heilpraktiker es anders benennt, erkennt der Mediziner es nicht wieder und hält es für Unsinn. Insbesondere dann, wenn die Naturheilkunde Schlüsse zieht, die biochemisch eben doch nicht stimmen und zur Mythenbildung führen.

Übersäuerung ist ein Paradebeispiel für ein solches Mißverständnis.

Unser Körper ist eine Art Kontinent mit verschiedenen Klimazonen. Das Klima hier hat jedoch nicht mit Temperatur zu tun, sondern mit dem sogenannten pH-Wert, mit dem der saure oder basische Charakter einer wässrigen Lösung angegeben wird. 0-6 ist sauer, 7 ist neutral, und 8-14 ist basisch.

Zum Vergleich: Der pH-Wert der Magensäure beträgt etwa 1-1,5 im Nüchternzustand, der von Essig etwa 2,5 und der von Natronlauge 13,5-14. Neutral mit einem pH-Wert von 7 ist reines Wasser, also H2O.

In unserem Körper befinden sich sowohl saure als auch basische Bereiche, je nach dem, was für eine Funktion der jeweilige Bereich hat. Das harmonische Miteinander dieser verschiedenen Zonen ist der sogenannte Säure-Basen-Haushalt. Wenn er stimmt, läuft alles prima. Wenn nicht, gibt es naturgemäß Schwierigkeiten.

Der Magen ist sehr sauer aufgrund der oben genannten Magensäure, der Dünndarm ist schwach sauer bis leicht alkalisch mit einem Wert von 6 bis 8,3, der Dickdarm ist wieder sauer mit Werten von 5,5 im oberen Abschnitt, etwas über 6,2 im mittleren Abschnitt und 6,8 im Enddarm. Sauer sind auch die Hautoberfläche und die Vagina. Dies alles hat natürlich eine Bewandtnis.

Die Säure im Magen wird benötigt, um Eiweiße so aufzuspalten, daß sie im Dünndarm weiter verarbeitet werden können.

Im Dünndarm befindet sich basischer Pankreassaft, der die aus dem Magen mit dem Nahrungsbrei anrückende Säure neutralisiert. Dies ist notwendig, weil im Dünndarm Enzyme für die weitere Verarbeitung der Nahrung sorgen, die nur in einem bestimmten pH-Bereich leben und arbeiten können. Amylase etwa, das Enzym, mit dem Kohlenhydrate im Dünndarm gespalten werden, braucht einen pH-Wert zwischen 3,5 und 9,0. Ist es sauerer oder basischer, wird die Amylase deaktiviert, so daß die Kohlenhydrate nicht mehr verarbeitet werden.

Das leicht saure Milieu im Dickdarm wiederum ist notwendig, um optimale Lebensbedingungen für die normale Darmflora zu schaffen und es für pathogene, also kankmachende Keime möglichst ungemütlich zu machen. Schimmelpilze und viele unerwünschte Bakterien werden nämlich durch Säure unschädlich gemacht. Das kennen Sie vielleicht, wenn Sie schon einmal einen Schimmelpilz in der Wohnung hatten: Konzentrierter Essig wird als Anti-Schimmel-Mittel empfohlen.

Im sauren Dickdarm, der sein Klima aufgrund einer ausgewogenen Flora aus Milchsäure- und anderen Bakterien hat, können Darmpilze wie Candida sich nicht ansiedeln.

Und hier beginnen die Verwirrungen und Mißverständnisse.

Beginnen wir mit den biochemischen und physiologischen Grundlagen.

Eine Säure ist, vereinfacht ausgedrückt, ein Molekül, das in einer wäßrigen Lösung positiv geladene Wasserstoff-Ionen, sogenannte Wasserstoff-Protonen, abspaltet. Eine Base ist dementsprechend ein Molekül, das solche Protonen binden kann. Reines Wasser, H2O, ist neutral, also weder sauer noch basisch.

Der berühmte pH-Wert nun gibt die Protonenkonzentration einer Lösung an: Ist sie höher als in reinem Wasser, ist die Lösung sauer, ist die sie niedriger als in reinem Wasser, ist die Lösung basisch.

Im gesunden Organismus ist die Protonenbilanz ausgeglichen: der Blut-pH-Wert beträgt 7,37-7,43 mit einem durchschnittlichen Mittelwert von 7,40. Wird das Blut saurer oder basischer, gerät der Mensch in Lebensgefahr, denn bei einem Blut-pH-Wert unter 7 und über 7,8 ist Leben nicht mehr möglich, weil dies die lebenswichtigen Enzyme des Organismus zerstören würde. (Ähnlich wie Fieber über 42°C: Bei höheren Temperaturen denaturieren die Eiweiße unseres Körpers, analog zum gekochten Ei.)

Aus diesem Grund tut der Körper natürlich alles, um den physiologischen pH-Wert des Blutes aufrecht zu erhalten.

Dies geschieht über verschiedene Systeme, die unter normalen Umständen in einem gesunden Körper perfekt funktionieren. Das müssen sie auch, denn in jeder unserer Zellen fallen in jedem Augenblick durch die normalen Stoffwechselprozesse Säuren an, die unablässig abgefangen und neutralisiert werden müssen.

Dabei handelt es sich zum einen um sogenannte „flüchtige Säuren“, die beim oxidativen Abbau (also der Verbrennung) von Kohlenhydraten, Fetten und Aminosäuren entstehen. Zum anderen handelt es sich um sogenannte „fixe Säuren“ wie Schwefel- und Phosphorsäure, die beispielsweise durch die Verstoffwechselung der in tierischem Eiweiß enthaltenen Aminosäuren Methionin und Cystein entstehen.

Die flüchtigen Säuren werden vorwiegend durch den sogenannten Bicarbonat-Puffer abgefangen. Das bedeutet, die Säuren werden mit Hilfe von Bicarbonat in Wasser und Kohlendioxid umgewandelt, und das Kohlendioxid wird dann abgeatmet.

Die fixen Säuren werden als Ammonium-, Phosphat oder Sulfat-Ionen über die Nieren ausgeschieden, was sich im pH-Wert des Urins zeigt: Physiologischerweise ist Urin schwach sauer und eher selten basisch. Dies hat zudem den Grund, daß schwach sauerer Urin pathogene Keime besser fernhält als basischer, ähnlich wie auch im Darm die gesunde Darmflora ein leicht saures Milieu benötigt.

Davon abgesehen findet in den Nierenkanälchen eine Rückresorption des Bicarbonats statt, das als Säurepuffer gedient hat. Dies funktioniert bis zu einer bestimmten Schwelle. Wird diese überschritten, also fällt mehr Bicarbonat an, ist die Rückresorptionsfähigkeit überfordert, und das überschüssige Bicarbonat wird mit dem Harn ausgeschieden, was bewirkt, daß dieser dann basisch ist.

Das jedoch läßt keine zuverlässigen Rückschlüsse auf Säurebelastung und Gesundheitszustand zu. Es bedeutet einfach nur, daß mehr Bicarbonat verbraucht wurde als die Niere rückresorbieren kann.

Ferner unterliegt der pH-Wert des Harns starken tageszeitlichen Schwankungen, abhängig von Nahrungszufuhr und Aktivität.

Den Säure-Basenhaushalt des Körpers über den Urin-pH-Wert beurteilen zu wollen, ist also nicht wirklich sinnvoll, da dieser lediglich Auskunft über die Ausscheidung von Wasserstoff-Protonen seit dem letzten Urinieren gibt, nicht jedoch über den Säuregehalt des Körpers.

Wichtig ist allerdings, viel Wasser zu trinken, um auch tatsächlich für eine Ausspülung der Säuren zu sorgen.

Wie gesagt, die Verstoffwechselung jedes Lebensmittels setzt Säuren frei. Ob nun aber ein Lebensmittel netto eine saure, basische oder neutrale Wirkung hat, hängt davon ab, wie viele basenbildende Substanzen es enthält. Eine Zitrone ist natürlich fürchterlich sauer, doch aufgrund ihres hohen Gehaltes an organisch gebundenen Mineralien (wie etwa Magnesiumgluconat) hat sie unter dem Strich eine basischere Wirkung als ein Steak, das wenige solcher „puffernden“ Mineralien enthält und dessen Aminosäuren obendrein Schwefel enthalten, der zu Schwefelsäure verstoffwechselt wird.

In einer Kost, die sowohl säurelastige Eiweiße als auch in großer Menge basisch wirkende pflanzliche Lebensmittel enthält, kann es bei einem gesunden Stoffwechsel zu keiner „Übersäuerung“ kommen. Da wir Eiweiße lebensnotwendig benötigen, wäre es einigermaßen merkwürdig, wenn die Natur unseren Körper nicht mit einem System ausgestattet hätte, das in der Lage ist, diese Eiweiße auch vernünftig zu verarbeiten und die „Abfälle“ zu entsorgen.

Kommt es zu einer echten metabolischen Azidose (Übersäuerung), liegt ein Stoffwechsel-Defekt vor, etwa Diabetes oder Nierenerkrankungen. Hier handelt es sich um einen akut lebensbedrohlichen Zustand. Auch bei heftigem Durchfall kann es zu einer akuten Azidose kommen, oder auch bei Einnahme von starken Säuren, etwa Methanol.

Dies alles kommt im Alltag natürlich nicht so häufig vor.

Ist in der Naturheilkunde von „Übersäuerung“ die Rede, ist meistens eine „latente Azidose“ gemeint, also eine hohe Säurebelastung des Organismus, ohne daß jedoch die Mechanismen versagen, die den Blut-pH-Wert konstant halten.

Ernährt man sich zu säurelastig, also nimmt man nicht genügend pflanzliche Lebensmittel mit organisch gebundenen Mineralien zu sich, muß der Körper irgendwann auf das Ersatz-Reservoir zurückgreifen, um genügend Puffer zu organisieren: Die Knochen.

Zunächst ist es natürlich eine feine Sache, daß wir für Notfälle gerüstet sind und immer ein solches Ersatz-Reservoir mit uns herumtragen. Einmal in einer Notlage darauf zurückzugreifen ist auch kein Problem. Unser Körper ist problemlos in der Lage, selbst das wieder auszugleichen, wenn ihm genügend Mineralien zur Verfügung gestellt werden.

Problematisch wird es, wenn aufgrund ständigen Säureüberschusses und mangelnden Mineralstoff-Nachschubs dauerhaft auf diese Notreserve zurückgegriffen wird. Dadurch werden die Knochen nach und nach demineralisiert, und es kommt zur gefürchteten Osteoporose.

Und hier treffen nun Naturheilkunde und Schulmedizin aufeinander: Redet der Naturheilkundler von „Übersäuerung“, meint er damit eigentlich das, was der Schulmediziner „Mineralstoffmangel“ nennen würde.

Daß die Schulmedizin häufig versagt, liegt nicht an einem Mangel an Wissen und Kenntnissen, sondern meistens an der Unfähigkeit, das Wissen anzuwenden und in einen größeren Zusammenhang zu setzen.

Nehmen wir das Beispiel Migräne und Magnesium: Ein migränegeplagter Patient geht zum Heilpraktiker, und der sagt lakonisch: Du hast Magnesiummangel.

Ah, denkt der Patient, das kann doch der Arzt auch feststellen. Also geht er zum Arzt und sagt: Kann es sein, daß ich einen Magnesiummangel habe? Der Arzt greift zu den Mitteln, die er hat – er nimmt ihm Blut ab, mißt den Magnesiumspiegel im Blut, der sich als normal herausstellt. Nein, sagt er zum Patienten, kein Magnesiummangel.

Der verwirrte Patient berichtet nun dem Heilpraktiker, daß er keinen Magnesiummangel habe, aber der beharrt darauf, daß er wohl Magnesiummangel habe. Das hätten nämlich fast alle Migränepatienten.

Ist der Patient clever und probiert einfach mal aus, ob ihm Magnesium nun hilft oder nicht, wird er vermutlich eine Überraschung erleben: Das Magnesium wird höchstwahrscheinlich helfen, denn er hatte einen Magnesiummangel.

Darauf hätte der Arzt durchaus kommen können, denn der weiß, daß er mit seinen Mitteln nur die Magnesium-Blutwerte ermitteln kann, also das, was so in der Blutbahn herumschwimmt, nicht aber, wie viel Magnesium tatsächlich in den Zellen ist. Das kann man nur indirekt messen, indem man Migränepatienten mit normalen Blutspiegeln bei einer Migräne-Attacke Magnesium infundiert. In den allermeisten Fällen scheiden sie hinterher weniger Magnesium aus als Menschen mit normalen Blutspiegeln, die nicht unter Migräne leiden. Sprich, sie resorbieren viel mehr – und das tun sie nur, wenn ein Mangel vorliegt. Überschüssige Mineralien entsorgt der Körper über die Nieren.

Und so ist es leider auch mit den Säuren und Basen. Es gibt bis jetzt keinen wirklich verläßlichen Weg zu messen, ob jemand nun einen Säure-Überschuß im Körper hat oder nicht, denn weder der Urin-pH gibt darüber wirklich Auskunft noch Tests über die Haut – auch diese ist an der Oberfläche sauer.

Zweifelsohne fühlt man sich nicht besonders gut, wenn man einen Überschuß an Säuren hat, der ausgeglichen wird, indem die Vorräte des Körpers geplündert werden. Das liegt aber nicht daran, daß sich „Säureschlacken“ irgendwo absetzen, sondern eher daran, daß man eben Mangelerscheinungen hat.

Nachweisbar „eingelagerte“ Säuren gibt es in Form von Harnsäure – das führt dann zu Gicht – oder in Form von Steinen in Nieren oder Galle.

Andere Formen sind bis jetzt nicht nachweisbar. Das heißt nicht, daß es sie nicht vielleicht gibt, aber man hat eben keinerlei Beweise dafür.

Für Mangelerscheinungen jedoch hat man sehr wohl Beweise.

Sämtliche der „Übersäuerung“ zugeschriebenen Symptome lassen sich mit Mangel an Mineralstoffen erklären, da Magnesium, Kalium und Calcium an unzähligen Stoffwechselprozessen beteiligt sind.

Man hat herausgefunden, daß die „Gelenkschmiere“ (Synovia), deren pH-Wert normalerweise zwischen 7,0 und 7,8 liegt, bei entzündlichen Erkrankungen wie Rheuma deutlich saurer wird. Leider ist bisher nicht ermittelbar, ob die Säure durch die Entzündung entsteht – Entzündungen senken den pH-Wert – oder ob bereits vorher zu viel Säure da war, die dann die Elastizität des Knorpels gemindert und dadurch die Entzündung induziert hat. Fest steht, daß Rheumatiker, die sich basenreich ernähren, ihre Beschwerden dadurch deutlich reduzieren können.

Will man herausfinden, ob man nun tatsächlich eine „latente Azidose“ hat, muß man auch wieder indirekt vorgehen und das Ganze betrachten, nicht einfach den Urin-pH.

Die erste Frage, die es zu beantworten gilt, liegt auf der Hand: Wie sieht Ihre Ernährung aus?

Ist Ihre Säure-Basen-Bilanz dort ausgeglichen?

Sehr oft wird an dieser Stelle mit umständlichen Tabellen hantiert, in denen der PRAL-Wert einzelner Lebensmittel aufgeführt ist. PRAL bedeutet potential renal acid load, das heißt potentielle Säurebelastung der Niere. Negative Werte zeigen Basenbildner an, positive Werte Säurebildner, jeweils bezogen auf 100g eines Lebensmittels. Blumenkohl ist mit einem Wert von -4,0 also ein guter Basenbildner, und Vollkornbrot mit einem Wert von 5,3 ein Säurebildner. Sensationell verhält es sich mit getrockneten Feigen, die einen Wert von -18,1 aufweisen, und auf der anderen Seite katastrophal mit Parmesan, der den haarsträubenden Wert von 34,2 hat.

Sie können sich im Internet solche Tabellen besorgen, doch Sie können es sich auch einfacher machen.

Grundsätzlich gilt: Eiweiße (Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier, Hülsenfrüchte) und Getreide (jede Art von Körnern, Mehl, Flocken, Pasta, Brot, Zwieback, Kekse usw.) sind Säurebildner, Öle sind in der Regel neutral, und Gemüse und Obst sind Basenbildner.

Tierisches Eiweiß bildet mehr Säuren, weil es mehr Aminosäuren enthält, die zusätzlich zu fixen Säuren wie Schwefelsäure umgewandelt werden und weil pflanzliche Eiweiße auch noch mehr basenbildende Mineralien enthalten.

Wenn Sie so viel Eiweiß verzehren, daß Sie den täglich sinnvollen Bedarf von 1g Eiweiß pro kg Körpergewicht decken, und dazu große Mengen Gemüse und mäßige Mengen Obst sowie die für den Körper essentiellen Fette essen, brauchen Sie sich, sofern Sie nicht an einer Stoffwechselerkrankung leiden, keine Sorgen zu machen.

Wenn Sie vorwiegend Fleisch, Käse, Eier und Brot essen und Gemüse und Obst eher nur dem Namen nach kennen, sollten Sie dringend beginnen, das Brot durch Gemüse und zumindest einen Teil der tierischen Eiweiße durch pflanzliche zu ersetzen.

Auch industriell verarbeitete Nahrungsmittel, Limonaden und Süßigkeiten sollten nicht in großer Menge auf dem Speiseplan stehen, um zu gewährleisten, daß Ihre Mineralstoff-Reserven nicht angeknabbert werden. Ein weiterer von der Natur nicht so eingeplanter „Säureproduzent“ ist das Rauchen.

Ein heutzutage unsinniges Produkt ist carbonisiertes Wasser – Sprudelwasser. Kohlensäure dient dazu, das Wasser keimfrei und frisch zu erhalten, das ist jedoch im Zeitalter keimfreier stiller Mineralwässer nicht mehr sinnvoll und belastet den Körper nur mit überschüssigen Säuren.

Mäßiger Kaffee- und Schwarzteekonsum hingegen kann problemlos über eine Ernährung ausgeglichen werden, die reich an Gemüse und Obst ist – daß zehn Tassen Kaffee am Tag nicht unbedingt gesund sind, muß man nicht anhand des Säure-Basen-Haushaltes erklären …

Ebenfalls in Maßen sollte man Alkohol konsumieren. Alkohol wird bei der Verstoffwechselung zu Essigsäure oxidiert und entzieht dem Körper Wasser und Mineralien. Abgesehen von den schädigenden Wirkungen des Alkohols auf Leber und Gehirn kann höherer Alkoholkonsum also auch zu Schäden infolge von Mineralstoffmangel führen. Die derzeit als unbedenklich geltende Menge ist 24g Alkohol pro Tag für Männer (2 Gläser Bier à 0,3l) und 12g für Frauen (1 Gas Wein à 0,15l), am besten nicht öfter als an 5 Tagen pro Woche.

Eine weitere Möglichkeit, Ihren Säure-Basen-Haushalt einzuschätzen, wäre eine Knochendichte-Messung.

Dies wird allerdings bei jungen Leuten eher nicht gemacht und auch nicht von den Krankenkassen bezahlt, sofern es keinen triftigen Grund dafür gibt, wie nachgewiesene Stoffwechselstörungen oder bei Frauen vorzeitige Menopause.

Doch sollte man nicht unterschätzen, welche Bedeutung eine ausgeglichene Säure-Basen-Bilanz von Kindesbeinen an für die Knochenmasse hat. In der sogenannten DONALD-Studie, einer Langzeit-Kohorten-Studie am Forschungsinstitut für Kinderernährung, die 1985 begonnen wurde, hat man unter anderem festgestellt, daß die Knochendichte von Kindern, die einen hohen Eiweißkonsum und zugleich einen hohen Konsum von Gemüse und Obst hatten, überdurchschnittlich gut war. Bei Kindern mit hohem Eiweißkonsum ohne ausreichend Gemüse und Obst war die Knochendichte überdurchschnittlich schlecht.

Knochendichte ist nicht nur eine Frage des Alters, da die Entwicklung des Knochens in der Kindheit und Jugend entscheidend ist für die Knochendichte des Erwachsenen. Wenn Sie daher zwar erst fünfundzwanzig sind, jedoch in diesen fünfundzwanzig Jahren weitgehend ohne Gemüse und Obst ausgekommen sind und viele Risikofaktoren für eine latente Azidose aufweisen (etwa hoher Konsum von Cola, viel Kaffee, Rauchen, wenig aerobe Bewegung), sollten Sie darüber nachdenken, einmal Ihre Knochendichte überprüfen zu lassen. Bis zu einem gewissen Grad kann man auch nach der Wachstumsphase noch Knochenmasse aufbauen.

Da mit zunehmendem Alter die Fähigkeit zur Säureausscheidung und die Konzentration des Bicarbonat-Puffers abnimmt, ist es dann besonders wichtig, dies durch gesteigerten Konsum von Gemüse und Obst auszugleichen. Mangel an Mineralstoffen zieht nicht nur Osteoporose nach sich, sondern führt auch zu verstärktem Muskelabbau, der wiederum die Osteoporose weiter begünstigt.

Bei prämenopausalen Frauen wurde ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Konsum von basischen Lebensmitteln und höherer Knochendichte festgestellt. Osteoporose hat demnach weniger mit Mangel an Östrogen als mit Mangel an Mineralstoffen zu tun.

Bewegung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für den Säure-Basen-Haushalt.

Während aerober Sport wie Joggen oder Walken eher für eine bessere Säureelimination sorgt, weil mehr CO2 abgeatmet wird, ist jede Art von anaerobem Sport (Muskeltraining, Sprint) ein zusätzlicher Säureproduzent: reicht die Sauerstoffversorgung in den Muskeln bei hoher Leistung nicht mehr aus, schaltet der Energiestoffwechsel auf Kohlenhydratvergärung um, bei der kein Sauerstoff benötigt wird. Dabei entsteht als Abfallprodukt Milchsäure (Lactat), die ab einer bestimmten Menge nicht mehr schnell genug abgefangen und neutralisiert werden kann, so daß der Muskel übersäuert. Das führt zu Ermüdung und Muskelkater, und das Verletzungsrisiko steigt.

Hinzu kommen die Mineralstoffverluste durch vermehrtes Schwitzen bei sportlichen Anstrengungen.

Wer sich also viel im anaeroben Bereich bewegt tut gut daran, genügend basische Substanzen zu sich zu nehmen, um die großen Säuremengen zu bewältigen, ohne daß die Mineralstoffreserven des Körpers angegriffen werden.

Und damit sind wir bei einem besonders großen Streitpunkt der Kontroverse um den Säure-Basen-Haushalt: Ist es sinnvoll, basische Präparate zu sich zu nehmen?

Die Antwort lautet Jein.

Bei einer basenreichen Ernährung, also einer Ernährung, die viel Gemüse und Obst und mäßig tierisches Eiweiß enthält, und bei gleichzeitig moderatem aerobem Sport wie regelmäßigem Joggen, sind Basenpräparate nicht notwendig. Im Gegenteil, falsch verwendet können sie sogar eher schaden als nutzen, wenn sie so eingenommen werden, daß sie der normalen Magensäureproduktion in die Quere kommen.

Wenn man über den Verzehr von reichlich Gemüse und Obst hinaus etwas für seinen Mineralstoffhaushalt tun will, ist man mit Mineralstoffpräparaten besser beraten, die in ausgewogener Zusammensetzung Kalium, Calcium und Magnesium enthalten.

Ansonsten sind für Menschen, die keinen anaeroben Sport betreiben, basische Tees eine sinnvolle Möglichkeit, ein paar zusätzliche basische Valenzen in den Körper zu bekommen. Auch Basenbäder sind sowohl für die Haut als auch für die Gelenke äußerst wohltuend.

Will man als Sportler doch ein Basenpräparat nehmen, sollte man dieses auf jeden Fall auf nüchternen Magen mindestens eine halbe Stunde vor einer Mahlzeit nehmen, damit es „durch“ ist, wenn das Essen anrückt, das Magensäure benötigt. Ein gutes Basenpulver sollte aus Magnesiumcitrat, Kaliumhydrogenkarbonat, Kaliumcitrat, Calciumcarbonat und Natriumhydrogencarbonat bestehen und möglichst keine Zusatzstoffe (Aromen, Farb- und Süßstoffe) enthalten.

Auch dies ist ein Punkt, der häufig für Verwirrung sorgt: Magensäure, oder vielmehr: Sodbrennen.

Sehr oft findet sich die irrige Behauptung, Sodbrennen sei „ein Zeichen von Übersäuerung des Körpers“.

Dies ist zwar eine irgendwie naheliegende Schlußfolgerung, doch sie ist falsch.

Sodbrennen beschreibt den Schmerz, der durch den Rückfluß von Magensäure in die Speiseröhre hinter dem Brustbein entsteht.

Die Ursache dafür ist aber nicht ein Überschuß an Magensäure, sondern eine Undichtigkeit des Magenmundes.

Sehr häufig wird diesem Problem ganz einfach mit der Gabe von Antazida (Säurepuffern) begegnet – was natürlich die Ursache nicht beseitigt und obendrein dem Körper Aluminium zuführt, das neurotoxisch wirkt.

Die zweite gängige Behandlung besteht in der Gabe von Protonenpumpenhemmern (PPI), die ganz einfach die Bildung von Magensäure unterdrücken. Abgesehen davon, daß diese Medikamente Nebenwirkungen haben, unterdrücken auch sie nur ein Symptom und verschlimmern die Problematik auf Dauer eher, weil sie die Magensäureproduktion vollends durcheinander bringen und eine adäquate Verdauung der Nahrung behindern.

Zudem ist man inzwischen darauf gekommen, daß man mit PPIs eigentlich den Teufel mit dem Beelzebuben austreibt, denn Sodbrennen entsteht paradoxerweise meistens nicht durch zu viel Magensäure, sondern zu wenig.

Den meisten Menschen ist damit geholfen, ihre Magensäureproduktion anzukurbeln, statt sie zu bremsen. Dies kann man beispielsweise durch Betain-HCl und Pepsin.

Natürlich ist es sinnvoll, auch die Darmflora einmal unter die Lupe zu nehmen und eventuell auch eine Darmsanierung durchzuführen und die Ernährung umzustellen (viel Gemüse und Obst, gute Eiweiße und Fette, wenig bis mäßig Kohlenhydrate und möglichst keinen Zucker und industriell gefertigte Nahrung). Auch auf Kaffee sollte man verzichten, solange man unter Sodbrennen leidet. Ferner ist es sinnvoll, eventuell Aminosäuren, Mineralien und B-Vitamine gezielt zu substituieren, weil diese bei länger anhaltendem Magensäuremangel nicht mehr richtig aufgenommen werden – was dazu führt, daß noch weniger Magensäure gebildet wird.

Säure hat also in unserem Organismus viele wichtige Funktionen, und es ist nicht immer nur gut, was möglichst basisch ist.

Wie bereits anfangs gesagt ist eines der Märchen, die im Zusammenhang mit Säuren, Basen und Darmgesundheit entstanden sind, die Vorstellung, Candida entstehe, wenn der Darm übersäuert sei.

Tatsächlich hat Candida eher eine Chance sich auszubreiten, wenn das Milieu im Dickdarm basischer wird: Verschiebt sich die Darmflora zu Lasten der Milchsäurebakterien, kann Candida quasi den Platz der Milchsäurebakterien einnehmen.

Was nicht zu sauer werden darf, ist der Dünndarm, weil es dann dort auch wieder zu Fehlbesiedlung kommt und der Nahrungsbrei aus dem Magen nicht mehr richtig verarbeitet werden kann.

In Bezug auf Krebserkrankungen beziehungsweise das Risiko, eine solche zu entwickeln, gilt natürlich ebenfalls, daß der Mineralstoffmangel das Problem ist, nicht etwa eine Ansammlung irgendwelcher Schlacken infolge von Übersäuerung.

Da Mineralstoffe eine zentrale Rolle in beinahe allen Stoffwechselvorgängen spielen, sollte man, bevor man nach exotischen Wunder-Antioxidantien sucht, zunächst einmal seine Mineralstoffbilanz ausgleichen: Ohne Magnesium, Kalium, Calcium und Natrium in ausreichender Menge geht in unserem Körper auf Dauer gar nichts. Da helfen weder Vitamine noch Enzyme – ohne die entsprechenden Mineralien haben weder Vitamine noch Enzyme viel zu melden.

Wenn Sie also über den Säure-Basen-Haushalt Ihres Körpers nachdenken und sich fragen, ob der nun in Ordnung ist oder ob Sie etwas tun müssen, beachten Sie einfach folgende Punkte:

  • Essen Sie Gemüse, Gemüse, Gemüse und Obst. Nicht Getreide ist die Basis der Ernährungspyramide, sondern Wasser, Gemüse und Obst.
  • Essen Sie genügend essentielle Fette.
  • Essen Sie genügend Eiweiß und mischen Sie, wenn Sie Gemischtköstler sind, tierisches und pflanzliches Eiweiß.
  • Bewegen Sie sich regelmäßig im aeroben Bereich.
  • Trinken Sie viel reines Wasser.
  • Verzichten Sie auf kohlensäurehaltige Getränke.
  • Stützen Sie sich nicht auf PRAL-Tabellen und stopfen sich mit getrockneten Feigen und Rosinen voll. Die sind zwar sehr basisch, enthalten aber viel zu viel Zucker, der dem Körper schadet.
  • Verzichten Sie auf Industriemüll wie Cola und Schmelzkäse. Verwenden Sie so viele unverarbeitete Produkte wie möglich.
  • Trinken Sie ab und zu anstelle eines Kaffees einmal einen Basentee.
  • Trinken Sie Alkohol nur mäßig und trinken Sie vor allem zu jedem Glas eines alkoholischen Getränks ein Glas Wasser.
  • Lernen Sie zu entspannen – bei Streß werden Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, und deren Verarbeitung produziert Säuren.
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